Die Welt ist manchmal überwältigend. Wenn man über den Rand seines gemütlichen Alltagslebens hinweg schaut, erblickt man überall Katastrophen und Krisen, die die Menschheit in die Knie zwingen. Wie viel kann ein Einzelner schon in Anbetracht der riesenhaften Herausforderungen schon bewegen? Die Konsequenz: Verzweiflung, Resignation, Ohnmacht. Rückzug in das eigene Schneckenhaus. Denn man kann ja eh nichts verändern. Aber stimmt das wirklich?
Wie mächtig ist der Mensch?
Um seine eigene Macht zu verstehen, muss man sich zunächst einmal als Teil eines mächtigeren Ganzen begreifen: Der Mensch bildet die Grundlage der Demokratie. Das versucht Ulrike Ahnert, Projektleiterin des „Demokratiemobils“, zu vermitteln mit Aufklärung und demokratischer Sensibilisierung. Mit einem umfunktionierten roten Löschfahrzeug und verschiedenen Aktionsspielen wird die Aufmerksamkeit der Menschen auf der Straße eingefangen. Man kommt mit Gleichaltrigen ins Gespräch. So erreicht man Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und jeden Alters – auch Jüngere. Niederschwellig und zugleich anspruchsvoll passiert hier politische Bildung. Und zwar parteineutral: Ohne namentlich für oder gegen konkrete Parteien zu werben, bezieht das Demokratiemobil Position – gegen Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit.
Aktiv werden
Bescheid wissen ist die Basis. Doch was fängt man an mit der neu erworbenen Aufgeklärtheit? Neben Wahlen stehen z.B. in Bayern auch Volks- oder Bürgerbegehren als besondere Partizipationsmöglichkeiten offen. Doch nicht für alle: Immer wieder wird über das Wahlalter ab 16 diskutiert. Kerry Hoppe, Co-Founderin von Vote16, wurde aktiv. Sie nutzte ihre demokratische Macht aus, um anderen zu mehr zu verhelfen: Mit anderen Engagierten rief sie das Volksbegehren 2022 ins Leben und macht das Thema „zu einer breitgesellschaftlichen Debatte“. „Wir leben mit den Entscheidungen von morgen immerhin am längsten.“, sagt sie.
Man kann das System nutzen, oder es selber gestalten – auch mit einem Einstieg in die Politik. Spezifisch für junge Menschen gibt es dazu die Jugendorganisationen der einzelnen Parteien. Kerry Hoppe selbst trat aus Frust über den Präsidentschaftswahlkampf 2016 in den USA den Jungen Liberalen bei. Ganz ohne die ursprüngliche Intention, „da so wahnsinnig viel zu machen“, bringt sie sich (unbemerkt) mehr und mehr ein. Dieses Jahr, 2023, kandidiert sie für den Landtag.
Es gibt mehr Beispiele: Katharina Sparrers Weg führt sie vom Gedanken „Klimakrise… Alles furchtbar.“ bis zur Bayernsprecherin der Grünen Jugend. In ihrem Dorf fehlt das Angebot, deswegen schafft sie es kurzerhand selbst: 2020 gründet sie eine eigene Ortsgruppe. Der Wunsch aktiv zu werden, treibt auch ihre Co-Sprecherin Eva Konen an. Doch trotz der reichhaltigen Auswahl in ihrer Stadt, muss sie erst einmal genug Selbstbewusstsein aufbauen, um einen Anschluss zu finden. Die Wertschätzung, die sie bei einer Ortsgruppe der Grünen Jugend erfährt, bestärkt und überzeugt sie, weiterzumachen. Für sie liegt die Macht darin, sich zu vernetzten. Gemeinsam schaffe man es, negative Gefühle in etwas Konstruktives umzuwandeln.
Kontrolle von außen
„Den Mächtigen auf die Finger schauen“, wie es der Journalist Fabian Mader beschreibt, ist auch eine Chance, seinen eigenen Einfluss zu begreifen. Für ihn ist Macht eine falsche Motivation, aber er erkennt die Wirksamkeit, die die „Medien als Gesamtes“ haben, an. Aus diesem Grund legt er viel Wert auf journalistische Standards. Als Sprachrohr aller müsse man stets auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen. „Journalismus profitiert von jungen Menschen.“ Man könne von ihnen lernen, sagt er. Wenn die Entscheidungsträger*innen gegen die eigenen Vorstellungen handeln, bleibt noch die Machtform des Protests, um Kontra zu geben. Dabei sei Aktionskonsens von Bedeutung, finden die Sprecherinnen der Grünen Jugend, zum Beispiel strikte Gewaltlosigkeit. Die Protestform muss auch strategisch sinnvoll sein.
Die Teilhabe an Demokratie ist vielfältig: Politische Bildung macht den Menschen bewusst, wie viel Macht sie in der Hand halten; Volksbegehren bringen die ganze Gesellschaft ins Gespräch; das gegebene oder fehlende Angebot bringt Menschen aus der Ohnmacht zum Handeln; die Medien und Demonstrationen erhalten die Macht der Meinungsfreiheit.
Wie mächtig ist der Mensch also nun? In einer Gruppe mächtiger.