Mit dem neuen Präsidenten des BDZV, Herrn Dr. Mathias Döpfner, sprachen wir zum Abschluss des diesjährigen BDZV-Kongresses. Während des Live-Interviews auf der Bühne befragten wir Ihn zu seiner Tätigkeit als BDZV-Präsident, den Vorwürfen der Lügenpresse und zu Finanzierungsmöglichkeiten im Online-Journalismus. Ganz am Ende hat er uns noch einen wertvollen Tipp mit auf den Weg gegeben. Hier das Ganze noch ein Mal zum Nachlesen.
Herr Dr. Döpfner, sind Sie zufrieden mit Ihrem ersten Zeitungskongress als BDZV-Präsident?
Das ist eine schwierige Frage, weil ich nie im Leben zufrieden bin. Das zwingt mich dazu unzufrieden zu sein. Doch ich bin froh und glücklich, wenn etwas gelingt und ich denke es war ein sehr gelungener Kongress.
Seit zwei Monaten sind Sie nun Präsident des BDZV. Was hat Sie dazu bewogen diese Aufgabe anzunehmen?
Ich möchte, dass Journalismus wichtig in unserer Gesellschaft ist und ein gutes Geschäft bleibt. Ein Geschäftsmodell in der digitalen Welt zu haben, dafür möchte ich mit aller Kraft kämpfen. Sich in den wesentlichen Fragen zu einigen, in der Geschlossenheit mit den meisten Verlegern in Deutschland, ist eine tolle Chance. Das mache ich sehr gerne.
Mal ehrlich, wer kann mehr vom anderen lernen, was Digitales angeht: EU-Kommissar Oettinger von Ihnen oder Sie von Herrn Oettinger?
Das ist eine schwierige Frage. Ich bin begeistert, wie tief Oettinger in unseren Themen drin ist, das ist ein ganz großer Glücksfall. Ich glaube, es gibt nur wenige Medienpolitiker in Europa, die erstens genau verstanden haben worauf es ankommt und sich zweitens so mutig dafür einsetzen. Oettinger war derjenige in Brüssel, der, als der Google Case abgestimmt werden sollte, sagte, dass es so nicht geht, die Folgen für die Verlage, die Inhalteindustrie, wären verehrend. Dann wurde der Prozess verzögert und am Ende in andere Hände gegeben. Jetzt passiert unter der neuen Führung etwas vollkommen anderes, das hätte es unter Oettinger nicht gegeben. Wir würden ohne Oettinger in einer viel schlechteren Situation sein.
Jetzt setzt er sich für das europäische „Publishers Right“ ein, das ist wirklich für einen Politiker eine Heldentat. Damit macht er sich eine Menge Feinde, doch er macht es trotzdem. Insofern hoffe ich, dass wir Verleger grundsätzlich immer noch etwas näher über die konkreten Veränderungen der Digitalisierung wissen, es noch etwas tiefer verstehen, aber, dass ein Politiker besser weiß, wie man aus so etwas mehrheitsfähige Entscheidungen macht.
Stichwort Paid Content: In Deutschland lag der Wert bei Lesern und Leserinnen, die für Onlinejournalismus zahlen, zuletzt bei schwachen acht Prozent, in Norwegen sind es 20 Prozent. Wie schaffen wir es, dass mehr Leser und Leserinnen für journalistische Produkte im Internet zahlen?
Ich finde die Zahl von acht Prozent in Deutschland gar nicht so schlecht. Es ist immer eine Frage der Perspektive. Natürlich könnte alles schneller gehen, aber das zeigt doch, dass da etwas funktioniert. Acht ist nicht nichts. Es gibt sehr viele ermutigende Beispiele. Dass es in Norwegen und Skandinavien generell so hoch ist, liegt an „Schibsted„, die dort ein sehr komplementäres System geschaffen haben. Die gehen radikaler vor. Ich glaube nach wie vor, dass es eine ganz wichtige Erlösquelle für Journalismus bleibt. Wir müssen Angebote machen, die nicht den Leser überfordern. Es muss einfach sein. Wenn man sieht es funktioniert woanders, dann machen es andere auch nach. Ich bin sehr optimistisch.
Eine andere Finanzierungsquelle sind etwa Werbeeinnahmen. Aber auch die sind online noch gering. Eine neue Spielart ist Native Advertising. Wie denken Sie über diese Werbeform?
Ich stehe dem ganz positiv gegenüber und denke, es gibt viele Missverständnisse. Native Advertising ist aus der Perspektive eines Menschen, der sich über Jahrzehnte das Zeitungsgeschäft angeschaut hat, überhaupt nichts Neues – früher hieß das redaktionell gestaltete Anzeige oder Verlagsveröffentlichung. Online ist Native Advertising nichts anderes und da gelten genau die gleichen Kriterien. Wenn es zu Schleichwerbung wird, weil ich als Leser nicht mehr unterscheiden kann, ob es eine redaktionelle oder eine gekaufte Botschaft ist, dann hat man die Leser in die Irre geführt und das schwächt auf Dauer die Glaubwürdigkeit der Marke und beschädige langfristig das Geschäftsmodell. Wenn man es aber sauber trennt und ausweist, dann ist das wunderbar. Man kann Native Advertising so liebevoll und gut machen, dass es attraktiver Lesestoff ist. Ich bin dafür und glaube, dass es ein wichtiges, wachsendes Werbegeschäft wird. Aber wir müssen es auf den ersten Blick unterscheiden können, das ist wichtig, sonst sägen wir an dem Ast, auf dem wir sitzen.
Ein Thema auf dem Kongress war auch der Vorwurf der „Lügenpresse“. Was müssen Medien hier tun? Wie gehen Sie in Ihrem Haus mit dem Thema um?
Selbstkritik ist etwas ganz Wichtiges und wenn Journalisten da nicht mit besonders gutem Beispiel vorangehen, dann haben sie ihren Beruf verfehlt. Wir machen Fehler, das ist völlig klar. Über diese Fehler müssen wir kritisch und selbstkritisch sprechen. Wenn wir das tun, dann sind wir ehrlich und dann kann uns, glaube ich, keiner vorwerfen, dass wir lügen. Lügen, das ist wirklich eine grobe Verzerrung der Wahrheit. Etwas, das von nicht professionellen Journalisten an nicht aufbereiteten Informationsströmen an Lügen, desorientierenden Gerüchten und Halbwahrheiten verbreitet wird, steht in keinen Proportionen zu Fehlern, die Menschen machen. Wir müssen offen darüber sprechen, dann wird daraus glaube ich kein großes Problem.
Zum Abschluss noch eine Frage, die uns persönlich angeht. Wir begeistern uns für Journalismus. Was möchten Sie uns mit auf den Weg geben?
Ich bin ganz sicher, dass Sie den schönsten Beruf der Welt gewählt haben. Außerdem glaube ich, dass es ganz wunderbare Perspektiven gibt. Lassen Sie sich von niemandem einreden, dass es jetzt schwierig geworden ist, weil es neben den Zeitungen auf Papier auf digitale Vertriebswege gibt und dort angeblich alles oberflächlich und schlechter Journalismus ist. Genau das Gegenteil ist der Fall, dort gibt es viele neue Möglichkeiten für Sie mit verschiedenen Medien-Gattungen kreativ zu sein. Radio, Fernsehen, geschriebenes Wort. Sie können mehr in die Tiefe gehen, ausführlicher sein. Nutzen sie auch den Wettbewerb, den Social Media bietet. Ich möchte Ihnen zwar keine altväterlichen Ratschläge geben, aber was ich schon glaube, folgen Sie Ihren Leidenschaften. Spezialisieren Sie sich, versuchen Sie etwas besonders gut, besonders leidenschaftlich zu machen, dann mache ich mir überhaupt keine Gedanken.