The kids are alright 

Mir gegenüber sitzt eine junge Frau mit dunkelblonden Haaren und Perlenohrringen. Sie ist adrett gekleidet, sehr freundlich und weiß genau, dass sie nichts aus der Ruhe bringt. Rosalie ist 18 und steht kurz vorm Abitur. Innerlich vergleiche ich sie mit der 18-jährigen Ria. 

Als ich „in dem Alter“ war – ist ja schon mehr als eine halbe Dekade her – hatte ich Weltschmerz und Ambitionen, aber keinen Plan. Ich wollte viel, ich hatte wenig und ich wusste nicht, wo mein Platz ist. Ging doch allen so, oder? Es ging nicht allen so und das tut es auch heute nicht. Rosalie weiß genau, was als nächstes auf sie zukommt: Eine eigene Wohnung, ihr Studium und neue Freund*innen. Sie ist aufgeregt, weil ganz viel Neues auf sie zukommt. Vielleicht zieht sie aus Altenburg weg, eventuell nach Mittweida.  Sie will Medienmanagement studieren, was an der dortigen Hochschule angeboten wird. 


Ich habe auch direkt nach dem Abi ein Studium aufgenommen – Deutsch als Fremdsprache an der Uni Jena. Das Fach, weil es keine Zugangsbeschränkung hatte, und weil es mich grundlegend interessiert hat. Jena, weil ich sowieso dort gelebt habe. Es wäre mir völlig zuwider gewesen, mein gewohntes Umfeld, meine „hood“ zu verlassen – und das für den Beginn einer Karriere… 
Ich habe nie etwas ernst gemeint, ernst gehandelt oder gar mit ernsthaften Konsequenzen gerechnet. Meine Existenz war mehr ironisch als ikonisch – das kann ich mit fast vollständig entwickeltem Frontallappen mittlerweile einordnen. 

 
Rosalie ist gar nicht so, was ich sehr beachte. Mit 18 dachte ich, mit Mitte 20 hat man alles im Griff. Mit Mitte 20 sitze ich hier und bewundere eine 18-Jährige für ihren Mut: Rosalie sagt, dass es ihr eher leichtfallen werde, neu zu starten. Sich in einem neuen Umfeld zurechtzufinden, stellt sie sich schwer vor. Trotzdem freut sie sich genau darauf: Auf neue Freund*innen und Gewohnheiten, darauf, sich selbst neu kennenzulernen. 

 
Der globalen Lage blickt sie auch sehr reflektiert entgegen: Obwohl sie Angst habe, wolle sie sich nicht davon bestimmen lassen. Bisher sei immer alles gut ausgegangen. So solle man negative Gedanken nicht die eigene Zukunft überschätzen lassen. 

 
Das hätte ich mit 18 auch gern gehört. Ob ich es angenommen hätte, steht auf einem anderen Blatt.  Ich wusste nur, dass ich in Erinnerung bleiben will – egal wie.  

Rosalie weiß, dass auf ihrer zukünftigen Wikipedia-Seite ihr gesellschaftliches Engagement und ihre starke Persönlichkeit Anerkennung finden werden. Sie weiß, dass künftige Projekte oder eine eigene Firma das sind, woran man sich bei ihr erinnern wird.  

Solche großen Gedanken habe ich mich damals gar nicht gewagt. Zu groß war die Angst, verletzt zu werden, wenn ich gescheitert wäre. 


Und dann sitzt mir diese 18-Jährige gegenüber – Rosalie, nicht Vergangenheits-Ria – und eröffnet mir Folgendes: Würde ihr zukünftiges Ich ihr mitteilen, dass keiner ihrer Pläne aufgegangen wären, fände sie das nach dem anfänglichen Schrecken nicht mehr so schlimm. Es käme immer etwas Besseres umher, als man sich eigentlich wünscht. Zukunfts-Rosalie bekäme den Rat, sich nicht zu verschließen und ein positiver Einfluss für andere zu sein. 

 
Vielleicht braucht Rosalie diesen Rat in der Zukunft gar nicht, aber ich brauche ihn heute. Nach einer halben Stunde mit Rosalie kann ich sagen: The kids are alright. 

*Dieser Beitrag ist im Rahmen einer eintägigen Jugendredaktion entstanden. 

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Die mobile Jugendredaktion ist Teil des Projekts nah:dran – Medien für alle. Im Mittelpunkt stehen die Themen, Wünsche und Anliegen junger Menschen aus strukturschwachen Regionen. Ziel ist es, ihnen eine Plattform zu bieten und ihre Perspektiven in der Medienlandschaft sichtbar zu machen. Das Projekt wird im Rahmen des Bundesprogramms “Demokratie leben!” durch das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. 

>>Für inhaltliche Aussagen und Meinungsäußerungen tragen die Publizierenden dieser Veröffentlichung die Verantwortung.<< 

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