Es ist ein warmer Samstag, an dem Steven (17) an seine Zeit bei den Pfadfindern zurückdenkt. Von 2018 bis 2024 – fast ein Drittel seines Lebens – war er Teil des Jugendverbandes im Altenburger Land. Hier ist er die verschiedenen Ränge durchlaufen und hat viele eindrückliche Erlebnisse sammeln können. Ich habe ihn zum Gespräch getroffen.
Heute, anderthalb Jahre nach seinem Austritt, erinnert sich Steven an seine Anfänge. Fast meine ich ein Leuchten in seinen Augen zu erkennen, als er beschreibt, wie er bei einem Schulfest des Spalatin-Gymnasiums auf die Pfadfinder aufmerksam geworden ist. Den damals noch unsicheren 12-Jährigen bewegte sehr, dass bei den Pfadfindern jeder gleichrangig willkommen ist. Noch heute beschreibt er, dass gerade Personen, die einen festen Platz in der Welt suchen, sich hier zu Hause fühlen können. Anschließend schildert er farbenfroh, wie er gemeinsam mit dem Verband an verschiedensten Aktivitäten und Ausfahrten teilgenommen hat – egal ob Zelten unter Bäumen oder Wandern in der Sächsischen Schweiz – Steven sprüht vor Begeisterung. Doch dann verdunkelt sich der Raum, in dem wir für das Interview sitzen, und zeitgleich auch Stevens Gemüt.
Er berichtet nun davon, wie mit fortlaufender Dauer seiner Teilhabe die Anforderungen an ihn mit immer größerem Druck auf ihm lasteten. Immer präsenter wurde für ihn die Erwartungshaltung, sich vor allem um die jüngeren Pfadfinder zu kümmern, auf sie aufzupassen und zu schauen, dass sie eine gute Zeit haben. Als einer seiner Teamleiter ihn nach einer Veranstaltung beiseite nahm, um ihm noch einmal deutlich zu machen, dass sie „nicht zum Spaß hier seien“, wurde Steven klar, dass die Erwartungen der Organisation nicht mehr mit dem übereinstimmten, was ihn einst dazu bewegt hatte, Teil davon zu werden. Er hält kurz inne und schaut in die Ferne. Dann fährt er fort und erklärt mir, dass der implizite Erwartungsdruck, sich um die „Bespaßung von Kindern“ zu kümmern, während man selbst als junger Mensch eigentlich nur eine gute Zeit mit Freunden haben wollte, eine Barriere für ihn und andere dargestellt habe.
Dass diese Erwartung nicht klar kommuniziert wurde, führte vor anderthalb Jahren zu seinem Austritt. Heute steht Steven fest im Leben. Er hat seine Schullaufbahn erfolgreich abgeschlossen, eine Ausbildung begonnen und engagiert sich als Teamcaptain bei einem sozialen Projekt ehrenamtlich. Hier ist es seine Aufgabe, andere junge Menschen zusammenzubringen und zu befähigen, selbstständig eigene Projekte umzusetzen. Diese Rolle ist nicht unähnlich zu dem, was bei den Pfadfindern von ihm erwartet wurde. Auf diesen Widerspruch angesprochen, schmunzelt er. Steven beschreibt, dass die Erwartungshaltung hier eine andere sei: Es gehe nicht darum, selbst einfach nur Spaß zu haben, sondern darum, andere Menschen stark zu machen, damit sie sich in der Welt zurechtfinden. Davon ist er sichtbar begeistert.
Auch wenn Steven sich gern an die gemeinsame Zeit mit Freunden und die schönen Erlebnisse zurückerinnert, würde er sich aktuell nicht wieder bei den Pfadfindern engagieren. Vielleicht könnte sich das mit einer neuen Mission, einem geschaffenen Mehrwert in Anbetracht der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, in Zukunft ändern.
*Dieser Beitrag ist im Rahmen einer eintägigen Jugendredaktion entstanden. *
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