Das King’s College London – Porträts der englischen Bildungskultur

Ob industrielle Revolution oder ausgegrübelte Rechtssysteme – England hat in etlichen Bereichen den Grundstein für unsere moderne Welt gelegt. Und noch heute steht das Land für eine Universitätskultur, die seinesgleichen sucht.

Unser Redakteur mit Freunden vor dem King’s College in London. Foto: Raphael Cullmann/Jugendpresse Deutschland e.V.

Ja, die US-Amerikaner*innen haben das MIT, die Havard und Standford University, um nur ein paar der amerikanischen Eliteuniversitäten zu nennen. Aber die Engländer*innen neben dem High-Performer-Mindset etwas an den Universitäten, das über pure Leistung hinausgeht.

England versus China – eine Chinesin berichtet

Peng Xinyi kommt ursprünglich aus China und studiert seit Herbst am King’s College in London (KCL). Sie stellt sich mit Ray vor – ihr englischer Name. Sie lacht viel, ist einfach gut drauf. Sie hat sich auf ein Abenteuer gewagt und ist in ein anderes Land gegangen. „China is not a very international and diverse country”, sagt sie. London dagegen sei ein vielfältiger Ort. Ray liebt es, verschiedene Menschen aus der ganzen Welt zu treffen: „I am very fond of the feeling of intercultural communication.”. Besonders gefallen ihr die zahlreichen Tutorien und die „hübsche” Bücherei der Universität. Die Atmosphäre an englischen Universitäten sei einfach eine andere – allein schon wegen der Menschen. „The academic atmosphere is very strong”, fügt sie hinzu.

Und abgesehen davon ist China in Rays Augen nicht der beste Ort, um einen akademischen Grad zu erwerben. Die „academic atmosphere” sei nicht so stark wie in England. Ein weiterer großer Unterschied – die Universitäten in China sind riesig. „The universities have lots of buildings – dormitory, educational or for leisure – everything is like a little community”, erklärt sie. Doch, wenn man an einer chinesischen Universität studiert, treffe man nur Chinesen. Des Weiteren fühle sich das Studium in London wie ein eigener Job an: „Study here is kind of going to work”, empfindet sie. Wohnung und Universität seien in London in der Regel weit voneinander entfernt und man müsse stets die „Subway” oder den Bus für den Weg von einem zum anderen Lehrgebäude nehmen. Das gefällt ihr sehr.

Doch sie hat sich nicht nur wegen der Diversität an Menschen für London entschieden. Auch die Reisemöglichkeiten Europas und Erreichbarkeit anderer Länder haben eine Rolle für sie gespielt. In Europa sei es sehr viel einfacher, zwischen den Ländern umherzureisen. Die vielen individuellen Einschränkungen in China scheinen sie nach Europa gebracht zu haben. Einen wirklichen Nationalstolz für China strahlte Ray nicht aus.

Auch in Zukunft möchte Ray in England bleiben und hofft, dort eine Stelle zu finden. Gewissheit über ihren Traumberuf hat sie bisher noch nicht erlangt – sie könne sich gut vorstellen in der Marketing Branche Fuß zu fassen oder eine Position bei einer englischen Investment Bank anzutreten. Am ehesten sieht sich Ray jedoch im Marketing, da ihr Studiengang „Digital Culture and Society” den größten Bezug dazu habe und sich in vielen Aspekten damit befasse. Was klar ist: Für ihre Karriere wird sie nicht nach China zurückkehren – das schließt sie kategorisch aus. „It’s so competitive working in China”, beklagt sie.

Ray ist ein Mensch der individuellen Freiheit und der interkulturellen Diversität – ein Mensch, der seine Herkunft hinter sich gelassen hat, um sich voll und ganz einem Abenteuer und neuen Chancen zu widmen.

Die Dominikanische Republik: Funke einer besseren Zukunft – eine Dominikanerin berichtet

Maria Laval, eine internationale Studentin aus der Dominikanischen Republik, studiert zum ersten Mal an einer großen Universität in London. Sie wirkt positiv und herzlich. Sie beschreibt die akademische Kultur als „incredible” und bemerkt, dass dies vor allem an einem starken Gemeinschaftsgefühl unter den Studierenden liege: „They do a lot of activities to make you feel like you’re actually part of a community.” Maria schätzt diese inklusive Atmosphäre und fühlt sich gut in die Universitätsgemeinschaft integriert.

Nach intensiver Recherche verschiedener Universitäten entschied sich Maria für das King’s College London. Sie hatte den Eindruck, dass das KCL am besten zu ihren Bedürfnissen passe, insbesondere das Master-Programm „Economics and Policies”. Ein besonderer Aspekt des Programms – ein Modul mit der Möglichkeit eines Praktikums – gibt den Studierenden die Chance, das im Unterricht Gelernte in realen Situationen anzuwenden. Dieses „Internship Module” sei für Maria ein entscheidender Faktor bei der Wahl der Universität.

Maria möchte zur Entwicklung der Dominikanischen Republik beitragen und plant, das während ihres Studiums erworbene Wissen und die gesammelten Erfahrungswerte in ihrem Heimatland einzusetzen. „I feel that the Dominican Republic needs people with knowledge and ambition, and I feel like I can bring that back to my country”, erläutert sie. Sie ist der Auffassung, dass die Dominikanische Republik über beträchtliche, bisher ungenutzte Ressourcen und Möglichkeiten verfüge und dass sie nach ihrer Rückkehr einen positiven Wandel dort bewirken könne.

Die Universitäten in der Dominikanischen Republik und die in England unterscheiden sich vor allem in Bezug auf die Qualifikationen des Lehrpersonals und die Qualität der Studienprogramme, so Maria: „They don’t have as good programs as the universities here.” Am KCL könne sie in Kontakt mit Professor*innen mit fortgeschrittenen Abschlüssen von renommierten Institutionen treten. Diese akademische Erfahrung schätzt sie sehr und betrachtet sie als einzigartig für ihr derzeitiges Studium in England.

Maria verfolgt eine klare Vision. Die einer fortgeschrittenen und fähigen Dominikanischen Republik, in der ambitionierte und gebildete Menschen leben. Dafür steht sie ein und illustriert mit ihrem Lebensweg ein Beispiel für progressiven und liberalen Patriotismus.

Eine hochkomplexe Welt besser verstehen – ein Deutscher berichtet

Der aus Deutschland stammende Julian beschreibt London als einen „exciting place to be”. Er schätzt die einzigartige Umgebung. Studierende und Akademiker*innen aus verschiedenen Topuniversitäten – University College London (UCL), KCL oder London School of Economics (LSE) – und Fachbereichen kämen hier zusammen. Er stellt staunend fest: „So many big universities gathered around a rather short area.” Die lebendige Atmosphäre ermögliche es ihm, Menschen aus der ganzen Welt zu treffen.

Julian entschied sich für das King’s College London, weil dort ein Masterstudiengang angeboten werde, den es so in Deutschland nicht gebe. Er fühlte sich von London und den dort lebenden Menschen angezogen. „I chose London because it’s a cool city – a cool vibe – kind of the perfect mixture of driven and very social people at the same time”. Es sei genau diese Mischung aus Ehrgeiz und Geselligkeit, die die Stadt zum idealen Studienort für ihn mache.

Der Masterstudiengang „International Political Economy” untersucht die globalen Verflechtungen von Politik und Wirtschaft, um zu verstehen, wie Weltmärkte funktionieren, wie Wohlstand sich akkumuliert und wieder verteilt wird. Sein Ziel: „To understand the world a little better”. Er muss jedoch ernüchternd anerkennen, dass es unmöglich sei. Zu komplex sei die heutige Welt. Dennoch erhofft er sich, „to connect some loose ends”, um die globale Komplexität und die globalen Systeme zumindest etwas mehr erfassen zu können.

Besonderes Interesse zeigt Julian für das „NATO Defence College”. Dort wolle er später einmal arbeiten. Es berate die NATO-Länder in Sicherheits- und Verteidigungsstrategien. „They develop futuristic scenarios, for example ‘What does Germany look like in 2025”, erklärt er. Basierend auf diesen Szenarien und Analysen würden sie Empfehlungen „on how to invest in security or defence” für die NATO-Länder bereitstellen, führt Julian aus.

Julian ist ein Mensch der Philosophie und der großen Fragen. Seine inhärente Bestrebung, die Welt trotz ihrer Komplexität ein wenig besser zu verstehen, vermittelt ihm Sicherheit. Es prägt sein Wesen bezüglich Karriere und Ambitionen.


Dieser Artikel ist im Rahmen der offenen Redaktion entstanden. Bei Fragen, Anregungen, Kritik und wenn ihr selbst mitmachen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@jugendpresse.de 

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