politikorange-Redakteurin Emma schreibt über den Lieblings-Influencer der Bayern .
Ein Swipe nach dem anderen. Von TikTok-Tänzen, über „Get ready with mes“ und Videos, von denen ich selbst nicht verstehe, wie der Algorithmus sie zu mir gespült hat, ist alles so weit wie immer. Dann sehe ich ein neues Gesicht vor mir auf dem Bildschirm, das das geplante „Insta Live“ ankündigt. Wobei, ganz neu ist mir der Mittfünfziger mit dem ergrauten Haar und dem leicht verkniffenen Gesichtsausdruck nicht.
Markus Söders Instagram-Profil zieren nicht etwa wie bei den Spitzenkandidaten der SPD, der Grünen oder der FDP überwiegend politische Beiträge. Nein, Söder zeichnet ein sehr nahbares Bild von sich. Er beschreibt sich auf seinem Account unter anderem als „Radfahrer“, „Hundefreund“ und als „Fußball-Clubberer“. Seine Posts sprechen eine ähnliche Sprache. Söder mit Star-Trek-Tasse, Söder auf dem Rad oder mit seinem Hund, Söder beim Fasching, Söder mit Lebkuchenherz. Letzteres findet sogar unter dem #söderisst eine ganz eigene Art, dem CSU-Politiker Aufsehen zu verschaffen.
Neben dieser Version steht gerade im bayrischen Landtagswahlkampf eine andere Seite vom Hobbyschulweghelfer im Fokus. Markus Söder ist nicht ohne Grund Parteivorsitzender der Partei, die für ein „starkes Bayern“ wirbt. Er positioniert sich dabei eindeutig zu Themen wie Migration und Gendern, gibt sich konservativ und lässt eine scheinbar starke Persönlichkeit durchblicken. Den Politiker Markus Söder zu charakterisieren ist angesichts seiner Ambivalenz also gar nicht so einfach.
Polarisierend, das ist Söders Person aber auf alle Fälle. Johannes Winkel, der Bundesvorsitzende der Jungen Union, unterstützte Söder und die CSU im diesjährigen Wahlkampf. Er lässt im Interview erahnen, dass genau hinter dieser Eigenschaft eine vom Team durchdachte Strategie steckt. „Politik ist zu einem gewissen Grad auch immer Inszenierung. Man muss immer die richtige Balance zwischen Inszenierung und Ernsthaftigkeit finden. Aber ich finde, das schafft er ganz gut“, kommentiert Winkel das Verhalten des amtierenden Ministerpräsidenten.
Was erhofft sich die CSU jedoch von dieser Inszenierung? Will sich die politische Mitte von ihrer zunehmend an Wähler*innen gewinnenden Konkurrenz abheben? Sich neu profilieren? Oder hofft sie, auf der Polarisierungswelle radikalerer Parteien mittreiben zu können, um damit ein neues Hoch zu erleben? Wie sich Markus Söder in den Sozialen Medien darstellt, scheint ihm und der CSU vorerst nicht zu schaden. „Anecken tut man als Politiker, jedenfalls dann, wenn man die Realität betrachtet, immer. Und da darf man auch nicht vor zurückschrecken“, meint Johannes Winkel. Und das wird auch Markus Söder weiter. Ob in Persona oder per persönlichem Grußvideo im Internet.
Winkel blickt einen Tag vor der Landtagswahl wohlwollend auf die Wahlkampfperiode zurück und wirkt zuversichtlich: „Ich wüsste jetzt jedenfalls nicht, wo ich sagen würde: Lieber Markus, da muss aber mal mehr kommen.“
Die CSU ist mit ihrer Wahlkampfstrategie und Söders Darstellung schlussendlich erfolgreich aus der Landtagswahl hervorgegangen. Sein aufgebautes Image – wie echt auch immer – bleibt bestehen und mit ihm sicher auch nach dem vergangenen Wahlkampf die Videos in meinem Feed.