Grüne vs. FDP: Wie die beiden Parteien die Klimakrise aufhalten möchten

Bei der Bundestagswahl 2021 erreichten Grüne und FDP mit je 23 Prozent die meisten Stimmen der Erstwähler*innen. In dieser Altersgruppe ist der Kampf gegen den Klimawandel ein besonders wichtiges Thema. Welche Klima-Konzepte haben also die beiden Parteien, die junge Menschen besonders überzeugen konnten? Und wie stehen sie zu den kontrovers diskutierten Protesten der ,,Letzten Generation“? Politikorange hat sich sowohl bei den Grünen als auch bei der FDP umgehört, welche Lösungen den Wähler*innen geboten werden und auch die Kritiker*innen zu Wort kommen lassen. 

oben: Christian Lindner beim Wahlkampfabschluss der FDP am Odeonsplatz in München. unten: Claudia Roth bei der Wahlparty der Grünen in der Muffathalle in München. Foto: Jugendpresse Deutschland e.V. / Elias Wiedemann

Wie die FDP Marktinstrumente für den Klimaschutz nutzen will 

Die ,,Freien Liberalen“ haben das Thema Klimaschutz schon lange nicht groß thematisiert. Doch mittlerweile kommt die Partei immer häufiger auf ihr Klima-Konzept zu sprechen. Lukas Köhler, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, erklärte Politikorange im Interview, die Energiewende könne am besten durch einen Ausbau von Bio- und Windenergie gelingen.

Das zentrale Konzept der FDP, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, ist laut Wahlprogramm und Köhler allerdings der CO2-Zertifikatehandel. Das bedeutet, es gibt einen CO2-Deckel, der festlegt, wie viele Emissionen insgesamt in einem bestimmten Zeitraum ausgestoßen werden dürfen. Alle Unternehmen, die Emissionen verbrauchen , müssen dafür Zertifikate kaufen. Die Wirksamkeit des Systems soll dadurch entstehen, dass Unternehmen, die mehr Treibhausgase verbrauchen wollen, dafür auch mehr Geld für Zertifikate ausgeben müssen. Die ständigen Kosten für die Zertifikate wiederum sollen ein Anreiz für die Unternehmen sein, neue  Technologien zu entwickeln, die den Verbrauch der Emissionen senken oder im Idealfall verhindern. Der Co2-Deckel senkt sich so langsam immer weiter nach unten, bis 2050 keine Tonne Co2 mehr verbraucht werden darf. Wie teuer die Zertifikate sind, das hängt von Angebot und Nachfrage jener auf dem Markt ab. Schrittweise sollen die Zertifikate mehr kosten, und so den Druck auf die Unternehmen erhöhen. Ein EU-weiter Zertifikatehandel existiert bereits seit 2005 für einige Bereiche. Die Wirkung des Zertifikatehandels wird kontrovers diskutiert.

Kritik am Zertifikatehandel von einem Klimaaktivisten: ,,Technologieoffenheit bedeutet Weiter so“

Kritik am Klimaschutz-System der FDP kommt von einem Unterstützer der ,,Letzten Generation“. Es brauche noch viele weitere Maßnahmen, der Emissionshandel allein sei nicht ausreichend zum Erreichen der Klimaziele, erklärte der Protestler. Die FDP würde die wirklich effektiven Klimaschutz-Maßnahmen von SPD und Grünen in der Ampel-Koalition allerdings immer wieder ablehnen. Außerdem sei die typisch liberale ,,Technologieoffenheit“ in Wahrheit ein Synonym für ein sogenanntes ,,Weiter so“.

Gegenstimme zu den Klimakonzepten der Liberalen von der Grünen Jugend: ,,Klimaschutz passt nicht zur politischen DNA der FDP“

v.l.n.r.: Katharina Sparrer, Eva Konen. Foto: GRÜNE JUGEND Bayern.

Ebenfalls kritisiert wird die Klimapolitik der FDP von Katharina Sparrer und Eva Kohnen, den Landessprecherinnen der Grünen Jugend Bayern. Die beiden vertreten die Meinung, Klimaschutz passe nicht zur ,,politischen DNA“ der FDP. Dass die FDP größtenteils auf technischen Innovationen setzt, reicht für die beiden Sprecherinnen nicht aus, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Man müsse stattdessen Konzerne durch Regelungen direkt dazu verpflichten, Klimaschutz zu betreiben.

Das Klimakonzept der Grünen: viele Einzelmaßnahmen statt Zertifikatehandel 

Die Klimaschutz-Ideen der Grünen unterscheiden sich in vielen Punkten von denen der FDP. Der Direktkandidat der Grünen für den Münchner Stimmkreis Bogenhausen, Fabian Sauer, erläuterte, dass der Partei beim Gelingen der Energiewende besonders wichtig sei, die Bürger*innen mit einzubeziehen- beispielsweise bei der Frage, wo in der Nähe ihres Wohnortes ein neues Windrad gebaut werden soll. Auch die Windanlagen sollen den Bürger*innen gehören. Weitere geplante Maßnahmen der Grünen sind laut Sauer die Renaturierung von Mooren und Wäldern und eine erfolgreiche Verkehrswende.

Kritik der Grünen Jugend: Grüne in der Ampel zu sehr auf Konzerninteressen fokussiert 

Auch an der Umweltpolitik der Grünen üben die beiden Sprecherinnen der GJ Bayern, Konen und Sparrer, Kritik. Die beiden Sprecherinnen kritisieren vor allem, dass die Grünen in der Regierung gegenüber Profitinteressen, die sich gegen konsequenten Klimaschutz wenden, zu wenig entschieden gegenüber auftreten. Dies sei insbesondere in den Entscheidungen rund um Lützerath zu beobachten gewesen.

Das unterschiedliche Verhältnis von Grünen und Grüner Jugend zur ,,Letzten Generation“

Trotz ihrer deutlichen Pro-Klimaschutz-Haltung unterstützen die Grünen die Proteste der ,,Letzten Generation“ nicht und vertreten die Meinung, diese seien eher hinderlich als hilfreich. Konen und Sparrer von der Grünen Jugend Bayern sehen in der ,,Letzten Generation“ eine friedliche, nicht terroristische Organisation. Allerdings sind die beiden Sprecherinnen dennoch der Meinung, dass es verbindendere Strategien gibt, um Menschen für den Klimaschutz zu gewinnen.

Fazit

Grüne und FDP sind zusammen in der Regierung, und so müssen sich die beiden Parteien momentan auch einigen, wie Deutschland noch verhindern kann, dass die Erderwärmung steigt. Dies ist nicht immer einfach. Klar ist allerdings der Auftrag der Erstwähler*innen von 2021 an die beiden Parteien: Wir wollen, dass ihr handelt- auf die effektivste Weise, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.

Quellen:

Erklärung/Kritik Zertifikatehandel:

KÖHLER: Mit Emissionshandel können wir Klimaziele sozialverträglich erreichen | FDP-Bundestagsfraktion (fdpbt.de)

Kurz das Klima retten: Über den (Un-)Sinn von CO2-Zertifikaten | STERN.de

Aktuelle Nachrichten und Kommentare – SZ.de (sueddeutsche.de)

Emissionshandel EU:

Der Europäische Emissionshandel | Umweltbundesamt

130919_Emissionshandel.pdf (insm.de)

Mit Emissionshandel den CO2-Ausstoß senken | Greenpeace

1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Karin Leonhardt
    22. Oktober 2023 20:23

    Danke für die abwägende Darstellung. Habe ich sehr gern gelesen: journalistische Distanz, viele Gesprächspartner und sehr angenehmer Schreibstil. Cool!

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