Das Bündnis Fridays for Future in Kiel demonstrierte auch am Freitag vor der Landtagswahl fürs Klima. Wie es lief, was die Gruppe fordert und wie überparteilich die Bewegung ist.
Vor gut einem halben Jahr füllte Fridays for Future (FFF) bei seinen Protesten im Norden noch die Kieler Innenstadt. Kurz vor der Wahl sind die Teilnehmer*innenzahlen deutlich eingeschrumpft. Weltuntergangsstimmung herrscht bei der Klimabewegung jedoch nicht.
Pappschilder, Megafone und nackte Füße umrahmten das Bild der Aktivist*innen, die für eine Kurswende in der Klimapolitik kämpfen. Junge Erwachsene, Familien, Schüler*innen mit Rucksäcken, Menschen jeden Alters: Die Teilnehmenden forderten ein Erreichen des 1,5-Grad-Ziels. Organisationen wie die Seebrücke Kiel, Amnesty International, der Verkehrsclub Deutschland und Scientists for Future unterstützten die Demo.
Bis zum Schluss für Klimaschutz
Trotz schwerer Themen blieb die Stimmung entspannt. Sei es durch das gemeinsame Aufstehen gegen Atom- und Kohleenergie oder das Tanzen zu lokaler Livemusik: Vor Ort wurde für mehr als nur die Wahlbeteiligung gekämpft.
Dabei waren nicht nur konkrete Forderungen an die kommende Landesregierung Programm. Fridays for Future kritisierte die bisherige Jamaikakoalition scharf. Es sei zu wenig passiert, Ziele seien nicht eingehalten worden.
Die Bewegung fordert eine schnelle und effiziente Klimapolitik. An Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ließ sie klimapolitisch kein gutes Haar. Sie lastete ihm Greenwashing und den Ausbaustopp von Windenergie an.
Die Zuhörenden lauschten auf einem betonüberzogenen Parkplatz nahe dem Landtag den Stimmen der Hoffnung auf mehr Umweltschutz. Das Gemeinschaftsgefühl verbreitete sich trotz Abstand auf dem spärlich besetzten Grau vor der Kulisse der Förde. Schon im Voraus gewählt haben die meisten Befragten nach eigenen Angaben nicht.
Genau deswegen sind die Protestierenden auch Teil der Kolonne gen Landtag: Sie wollen bis zuletzt darauf aufmerksam machen, dass Klimaschutz in der Wahlentscheidung berücksichtigt werden muss. Wichtig sei ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber kommenden Generationen. Und das so schnell wie möglich.
„Schwarz-Gelb verhindern!“
Wer jedoch vermutet, die Demo wäre durch Parteicouleur geprägt, der irrt. Aktivistin Bonny Thein betont mehrfach, dass FFF nicht unter der grünen Fahne stünde. Wähler*innen verschiedenster Parteien seien Teil des Klimastreiks, noch Unschlüssige mit eingeschlossen.
Fridays for Future Kiel fordert unter anderem für Schleswig-Holstein den Ausbau der Windenergie, Klimaneutralität bis 2035, ein Ende der Massentierhaltung und die Errichtung von Solar-Paneelen auf allen Dächern. Ein weiteres Thema ist die Mobilität: Ein landesweiter Ausbau des Radverkehrs und der Fokus weg vom Auto ergänzen den 10-Punkte-Plan der Bewegung.
Auch bei Parteien, die der Bewegung am nächsten scheinen, muss Fridays for Future auf die nicht weit genug gehenden Ziele im Klimaschutz hinweisen.
Bobby Thein von Fridays for Future Kiel
Im Vergleich zur letzten Großdemo im September war die Demonstration vor der Landtagswahl im Mai deutlich weniger gut besucht. Erwartung und Realität klafften an dieser Stelle auseinander. Auch dafür hat Bobby eine Erklärung.
Kurz vor dem Wahltag würden sich viele Menschen erschlagen fühlen von der Dauer-Beschilderung. Auch Politikverdrossenheit könnte ein Grund sein. Schlicht wäre der Zufall eine weitere Erklärung. Es sei manchmal einfach so. Zudem seien die Ängste vor Krieg und Inflation in den letzten Monaten deutlich präsenter geworden.
Bei der Frage, ob Klimaschutz aktuell thematisch in den Hintergrund gerückt sei, offenbarte Bobby Thein Verständnis. Solidarität gegenüber dem Ukraine-Krieg und den Krisen im Jemen und Afghanistan wären essenziell. Dennoch dürfe das Thema nicht vergessen werden. Die Klimakrise sei abstrakter, weil noch nicht vollständig eingeschätzt werden könne, wann es jede*n von uns trifft: Da sei Krieg und Inflation gegenwärtig einfach greifbarer.
Die Arbeit von Fridays for Future ginge aber über den Klimaschutzkampf auf den Straßen Kiels hinaus. Der Austausch mit Politiker*innen und die politische Fortbildung junger Menschen seien ebenso Teil der Bewegung.
Wenn ich gefragt werde, was ich mir für die Wahl erhoffe, dann antworte ich: Schwarz-Gelb verhindern!
Bobby Thein von Fridays for Future Kiel
Fridays for Future erklärt, dass die Bewegung mehr umfasst, als nur freitags nicht zur Schule zu gehen. Auch wenn eine Nähe zu den Grünen für viele merklich scheint, kämpfen die Aktivist*innen für den Klimaschutz in jeder Partei.
Denn alle, von Parteien über Landes- und Bundesregierung bis hin zu bannertragenden Schüler*innen, sollen sich für eine bessere Zukunft einsetzen, wenn es nach der Bewegung geht.