Nur sieben von 45 Abgeordneten der CSU im Deutschen Bundestag sind Frauen. Mit 15,6 % ist das der zweitgeringste Anteil aller dort vertretenen Parteien. Aber es gibt sie, junge Frauen, die sich in der Partei engagieren. Thomas Vollmuth hat zwei von ihnen getroffen.
Rena Schimmer (22) studiert Rechtswissenschaften an der Universität Würzburg und ist Stipendiatin der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. Bei den Kommunalwahlen 2020 in Bayern zog die angehende Juristin als jüngste Kandidatin in den Stadtrat ein. Nebenbei leitet sie als Vorsitzende die Junge Union (JU) Würzburg-Stadt. Emilia Rosatti (20) hat sich für die Humanmedizin entschieden, ist stellvertretende Vorsitzende der JU Würzburg-Stadt und engagiert sich zudem noch im Landesvorstand der Schüler Union Bayern.
Unser Redakteur Thomas wollte von beiden wissen, warum sie sich ausgerechnet für die Junge Union entschieden haben, was eigentlich genau die Mitte ist und wie es ist, sich als junge Frau in einer konservativen Partei zu engagieren.
Warum habt ihr euch für die Junge Union bzw. CSU entschieden?
Emilia: Ich habe mich zuerst für die Junge Union entschieden, weil ein paar Freunde dort auch bereits aktiv waren und sich für die Gesellschaft eingesetzt haben. Das fand ich sehr spannend und dann bin ich Mitglied geworden. Von der CSU wusste ich bei meinem Eintritt noch recht wenig.
Rena: Zuerst war es mir wichtig, nicht nur verbal zu kritisieren, sondern aktiv am politischen Veränderungsprozess teilzunehmen. Dann stellt man sich die Frage, in welcher Partei man sich engagieren will und da habe ich in der Jungen Union/CSU die größte Übereinstimmung gefunden, weil sie die Interessen der Gesamtbevölkerung abdecken und mein Werteverständnis teilen.
Ein zentraler Wert der CDU/CSU ist ja der Konservatismus. Was bedeutet es, konservativ zu sein? Und sollten insbesondere junge Menschen nicht progressiv sein?
Rena: Konservativ zu sein, bedeutet für mich die Erhaltung von Werten. Das ist der gesellschaftliche Zusammenhalt, der Respekt zueinander oder auch die Nächstenliebe. Es bedeutet nicht, den Status quo in allen politischen Bereichen zu erhalten, sondern lebt auch davon, Veränderung und Fortschritt voranzutreiben.
Emilia: Genau, es geht also um Stabilität und Erneuerung gleichermaßen. Es ist wichtig, beide Seiten zu betonen.
Wie steht euer Freundeskreis außerhalb der Partei zu eurem politischen Engagement?
Rena: Mir ist ein Ausgleich sehr wichtig, also ein ganz normales Leben neben der „Politik” zu führen. Dass man feiern gehen kann oder sich verabredet, ohne dass ständig das aktuelle Tagesgeschehen diskutiert wird. Eigentlich alle bekräftigen mich in meinem politischen Engagement, unabhängig von ihrer eigenen politischen Ansicht.
Emilia: Ich habe meine beste Freundin bei der Jungen Union kennengelernt. Die anderen Freunde, die sich für Politik interessieren und darüber sprechen wollen, tauschen sich auch mit mir aus.
Was junge Menschen noch mit dem Begriff „Mitte“ anfangen können
„Die CDU ist die starke Volkspartei der Mitte. […] Wir machen Politik für Deutschland. Bei uns haben liberale, wertkonservative und christlich-soziale Frauen und Männer eine Heimat. […]”. So steht es auf der Website der CDU geschrieben. Was zeichnet die „Mitte” aus?
Rena: Die Mitte ist zuerst ein vager und vielfältiger Begriff. Das ist zum Beispiel die Basis der Bevölkerung, die Mitte von Arm und Reich, die Balance von Werten und politischen Entscheidungen. Es war dieses Gleichgewicht, warum ich mich schlussendlich für die JU/CSU entschlossen habe. Es geht also darum, alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen mitzunehmen. Nicht unbedingt radikaler Fortschritt, aber graduell, für alle gleichermaßen positiv.
Emilia: Dem schließe ich mich an. Die CSU als „Mitte“ ist nicht einfach die Entscheidung für einen Punkt zwischen links und rechts in einem zweidimensionalen Weltbild, sondern geht mit ihrer Politik auf jeden Lebensbereich von jedem Menschen unserer Gesellschaft ein.
Die Umfragewerte für CDU/CSU liegen aktuell nur bei etwas mehr als 20 Prozent. Spiegelt das den Willen der Bevölkerung wider?
Rena: Für mich sind Umfragen nur Momentaufnahmen und haben sich schlussendlich nie bewahrheitet. Dazu kommt, dass die potenziellen CDU/CSU-Wähler eher zurückhaltend sind und tendenziell weniger kritisieren.
Gilt das auch für die Jugend? Teilt die Mehrheit der Jugendlichen das Werteverständnis von CDU/CSU?
Emilia: Ich würde schon sagen, dass die Jugend in der Mitte ist. Bestes Beispiel ist die Junge Union, die mehr als 130.000 Mitglieder hat. Da gibt es sehr viele Menschen, die sich jahrelang engagieren, politische Arbeit leisten und hinter den Kulissen mitwirken. Die gehen nicht auf die Straße und demonstrieren – also gibt es über die auch nicht viele Medienbeiträge.
Rena: Wir können auch beobachten, dass bei größeren gesellschaftlichen Problemen sich tendenziell mehr Menschen bei uns engagieren wollen – zum Beispiel um Bewegungen wie Fridays for Future, die nur kritisieren und keine Verantwortung übernehmen, etwas entgegenzusetzen.
Junge Menschen wählen links? Eine Umfrage kommt zu einem anderen Ergebnis
Die Teengeist-Umfrage ergab, dass 26% der 16- bis 24-Jährigen CDU/CSU wählen würden. Die Union ist also auch bei Jugendlichen die stärkste Partei. Die Grünen liegen mit 20% auf Platz zwei. Eine Forsa-Befragung im ungefähr gleichen Zeitraum spiegelt ein ähnliches Bild wider. Warum wählen Jungwähler*innen die CSU?
Rena: Für Jungwähler ist es wichtig, dass ihre Zukunft und die Zukunft weiterer Generationen sicher und stabil ist. Übergeordnet wichtig ist deshalb die Vereinigung von Ökonomie und Ökologie. Deutschland muss als internationaler Vorreiter aufzeigen, wie man klimaneutral wirtschaften kann, ohne den Wohlstand unserer Nation zu gefährden. Nur so lassen sich Russland, China oder auch die USA motivieren, ebenfalls klimaneutral zu werden. Diese Kommunikation vermisse ich bei anderen Parteien. Digitalisierung ist auch immer wichtig – und da sehe ich vor allem die Junge Union in der Pflicht. Man könnte noch über Steuern, Pflege, Rente, usw. im Detail sprechen, aber das ordnet sich dem Überthema „Vereinbarkeit Ökonomie und Ökologie“ unter.
Warum wurden diese Themen nicht schon in den letzten Jahren angegangen? Die CDU/CSU ist die Partei mit der längsten Regierungsbeteiligung. Warum sollten Jungwähler*innen oder Erstwählende euch dennoch Vertrauen schenken?
Rena: Klimaschutz steht schon immer im Wahlprogramm der CDU/CSU, nicht erst seitdem andere Parteien diesen Trend für sich erkannt haben. So haben wir das weltweit fast einzigartige Pfand- und Recyclingsystem mitinitiiert. Die Prämisse ist immer, je radikaler man Themen angeht, desto weniger akzeptiert die Bevölkerung die Veränderung. Und auch in Krisen sind wir der Stabilitätsanker. Das hat man bei der Bekämpfung der Corona-Krise miterlebt, da sind die Umfragewerte anfangs steil nach oben geschossen. Das Vertrauen der Bevölkerung ist auf jeden Fall gegeben.
„Eine Quote würde Frauen auf ihr Geschlecht reduzieren“
Der Altersdurchschnitt beim Antritt des Bundestags 2017 betrug ungefähr 50 Jahre. Weniger als ein Drittel aller Abgeordneten sind Frauen, in der Unionsfraktion ist es nur jede Fünfte. Die ehemalige CDU-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth fordert eine größere Repräsentanz vor allem von Frauen im Bundestag – und wie wir sehen, ist die Jugend auch stark unterrepräsentiert. Braucht es zur Lösung dieser Problematik eine verbindliche Frauen- oder Jugendquote?
Emilia: Wir sind uns einig, dass eine verbindliche Quote eher schädlich statt förderlich wäre. Rena ist die jüngste Stadträtin in Würzburg, Vorsitzende der Jungen Union Würzburg-Stadt und ich ihre stellvertretende Vorsitzende. Wir haben das ohne eine Quote geschafft und werden genau deswegen von den anderen akzeptiert. Wir haben nie negative Erfahrungen aufgrund unseres Geschlechts gemacht und es wird eher positiv aufgefasst, wenn man sich als junges, weibliches Mitglied innerhalb der Partei engagiert. Eine Quote würde Frauen auf ihr Geschlecht reduzieren, und nichts über ihre Qualifikation aussagen. Es führt also zu mehr Anerkennung, wenn man mit Leistung überzeugt anstatt mit der festgelegten Quotierung.
Rena: Eine verbindliche Parität wäre zudem nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar. Es gab bereits einige Bundesländer, die das eingeführt haben. Das wurde dann wieder zurückgenommen. Das Grundgesetz sieht die gesetzliche Parität also nicht vor, allein der Wähler soll durch sein Wahlverhalten über Repräsentanz entscheiden. Unsere Empfehlung ist: Engagiere dich und dann kommst du auch nach vorne, dafür braucht es keine Quote.
Wären anstatt einer Quote andere gesetzliche Maßnahmen denkbar, um diese Repräsentanz zu ermöglichen?
Emilia: Ich glaube, das grundlegende Problem sind die wenigen Frauen und/oder Jugendlichen in den Parteien, was unserem gesellschaftlichen Bild geschuldet ist. Der hohe Männeranteil in allen Parteien erweckt bei jungen Frauen den Eindruck, Politik sei „Männersache“. Man müsste zuerst das gesellschaftliche Bild ändern, um nachhaltigen Wandel hinzubekommen. Das schaffen wir mit Frauennetzwerken oder anderen Initiativen.
Rena: Wie bereits gesagt, verfassungsrechtlich ist keine Luft für eine gesetzliche Parität. Ich schließe mich Emilia an, dass wir die Lösung in der Änderung des gesamtgesellschaftlichen Bildes finden können. Dafür brauchen wir aber die Schaffung von Realitäten. Wenn mein Studium nicht so lang wäre, dass ich mich 6 Jahre an Würzburg binden könnte, hätte ich nicht für den Stadtrat kandidieren können. Also wäre hier auch ein Schritt getan, indem man ein Amt oder ein Mandat flexibler gestaltet, zum Beispiel in Form von Online-Sitzungen. Das würde auch helfen, wenn man ein paar Monate für ein Auslandssemester nicht vor Ort wäre. Dabei muss auch die Bürgernähe sichergestellt werden, ein elementarer Baustein erfolgreicher Kommunalpolitik. Eine werdende Mutter hat es auch schwer, ihr Mandat auszuüben. Hier könnte der Staat noch mehr Unterstützung leisten. Das ist auch ein Grund, warum Frauen den Schritt in die Politik nicht wagen, weil es herausfordernd für die Familienplanung ist.
Politisches Engagement mehr als Parteiarbeit
Stoßt ihr persönlich auf Widerstände in eurer Partei (JU/CSU), die es nicht geben würde, wenn ihr männlich wäret?
Rena: Überhaupt nicht. Unsere Fraktion im Stadtrat ist die weiblichste in Würzburg – acht von 14 Mitgliedern sind Frauen. Ich wurde mit offenen Armen empfangen, wurde super unterstützt und eingearbeitet. Bisher bin ich in keine Situation geraten, in der jemand mir sagte, dass ich zu wenig Erfahrung hätte, weil ich jung oder eine Frau bin. Oft werde ich sogar von unseren Fraktionsvorsitzenden gebeten, unsere politische Meinung im Stadtrat vorzutragen. Und da ist es nur vorteilhaft eine junge Frau zu sein, da man da noch etwas mehr sticheln und provozieren darf.
Emilia: Seit meinem Eintritt in die Junge Union, wurde noch nie thematisiert, dass ich jung und weiblich bin, das hat überhaupt keinen Unterschied gemacht.
Kennt ihr negative Beispiele aus anderen Kreis- oder Ortsverbänden?
Rena: Nein. Und ich wüsste überhaupt nicht in welchem Zusammenhang. Eventuell nur, wenn man bei einer Wahl in irgendeiner Form übergangen wird, aber das kam noch nie vor. Eigentlich läuft man überall in offene Arme, wenn man sich als junge Frau engagieren möchte.
Welche Tipps habt ihr für junge Menschen, die sich politisch engagieren möchten?
Emilia: Auf jeden Fall einfach mal hingehen und sich mit den Parteimitgliedern austauschen. Da wird man sofort eingebunden und kann sich einbringen. Unabhängig davon, welches Vorwissen man mitbringt.
Rena: Es dreht sich eigentlich alles um das Engagement – aber natürlich nur so viel, wie es für jeden Einzelnen zeitlich passt. Jeder kann sich einbringen und Veränderung bewirken, das macht auch den Charakter einer Volkspartei aus. Neben der Parteiarbeit findet man natürlich auch Freunde und Kontakte fürs Leben. Da geht es nicht nur um gesellschaftliche Themen, sondern auch um gesellige Themen. Solche Erfahrungen mit gleichgesinnten Menschen sind auch super wertvoll für die eigene persönliche Entwicklung.