politikorange-Redakteurin Annika Seiferlein sah sich vergangenen Sonntag bei der SPD-Wahlparty um. Dort sprach sie mit SPD-Mitgliedern, wie Susann Rüthrich oder Juso-Mitglied Laurenz Dulig, über junge Wähler und Wählerinnen und fing die Eindrücke des Abends ein.
Es ist voll am Wahlabend im neuen SPD-Haus in Dresden, kurz vor 18 Uhr. In wenigen Minuten bekommt die aktuelle Regierugspartei das schlechteste Ergebnis seit ihrer Gründung in Sachsen. Für die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten reichte es bei der Landtagswahl lediglich für 7,7 Prozent der Stimmen. Die Wahlparty scheint dennoch im vollen Gange zu sein. Kurz vor den ersten Hochrechnungen stehen hungrige Genossinnen und Genossen an Essensständen an, Bratwurst gibt es natürlich auch.
An diesem Abend zeigt sich, was der Wahlkampf gebracht hat. Alex Scholze, Vorsitzender der Jusos Lausitz, meint, dass durch das Engagement vor der Wahl noch Schlimmeres verhindert wurde: „Im Landkreis Bautzen wurde richtig reingehauen für den Wahlkampf. Wir haben einfach alle wirklich Gas gegeben, da ein schlechtes Ergebnis drohte“. Auch andere Stimmen zeigen, das es dieses mal irgendwie anders war. Die Menschen hätten allgemein wieder mehr Interesse an der Politik gezeigt. Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Susann Rüthrich stimmt dem zu: „Wenn es weh tut und blaue Flecken gibt, weil man sich natürlich aneinander stößt und reibt, dann kann man sich nicht mehr aus der Affäre ziehen. Ganz viele, die es sich bisher nach dem Motto ‚Wird schon gut gehen‘ angeschaut haben, die sagten nun, wir müssen uns jetzt doch mit einsetzen. Das war ganz viel Engagement, was man da auch bis zum letzten Dorf gesehen hat“. SPD-Mitglied Tommy Jehmlich bestätigt: „Es war ein Kampf für das große Ganze!“
Im größten Raum des Hauses, in dem die Wahlsendungen abgespielt werden, versammelten sich nun die meisten Anwesenden. Viele Medienschaffende sind vertreten, stehen im grellen Licht inmitten der Menschenmasse, um einen Moment von einem SPD-Wahlabend einzufangen, der im Gedächtnis bleiben wird.
Endlich 18 Uhr. Die Ergebnisse sind da. Über ein Viertel der Wähler und Wählerinnen haben die AfD gewählt. Hier und da ist ein Kopfschütteln zu sehen, an manchen Ecken wird gemurmelt und gemeckert. Gejubelt und geklatscht wird erst beim Ergebnis der FDP, die nicht im Landtag sein wird. Die eigenen Ergebnisse werden größtenteils gelassen zur Kenntnis genommen. Es kommt für viele wie erwartet.
„Wir haben das schlechteste Wahlergebnis, sind aber der coolste Landesverband“, eröffnet Martin Dulig seine Rede mit einer gewissen Portion Humor. Die Anwesenden im Raum sind begeistert und überraschend positiv gestimmt. Niedergeschlagenheit ist nicht zu spüren, eher noch mehr Motivation, ganz nach Duligs Motto: „Kurz traurig sein, anpacken, weitermachen“. Der SPD-Landeschef betont, man hätte nun eine „gute Regierung und stabile Verhältnisse – wir überlassen ihnen [Anm. d. Red: der AfD] nicht das Land“.
Regieren. Es ist ein Wort, das oft an diesem Abend fällt. Wie aus Gewohnheit wird dieses Ziel nicht hinterfragt. Dabei hat die alte Koalition mit der CDU der SPD meist nicht gut getan. Viele Erfolge wurden der CDU zugeschrieben. Auch im Wahlkampf schien es so, als ob Inhalte nur zweitrangig wären. Nur wenige Tage vor der Wahl bewarb Dulig eine Kenia-Koalition, forderte dazu auf, schwarz-rot-grün zu stärken und zu wählen, um ein noch stärkeres Ergebnis der AfD zu verhindern. Für einige kam das überraschend. Andere hielten das für den richtigen Weg. „Wer linke Politik in Sachsen will, der muss eben SPD wählen und da fand ich es richtig, Kenia zu bewerben, um eine linke Stimme in die Regierung zu bekommen“, so Laurenz Dulig, Jusos-Mitglied und Sohn von Martin Dulig.
Dennoch haben rund 19 Prozent der Wählerinnen und Wähler unter 30 Jahren die Grünen gewählt, fast zehn Prozent über dem Gesamtwahlergebnis, während die SPD nur rund 6 Prozent der jüngeren Stimmen für sich gewinnen konnte. Laurenz Dulig, selbst 17, sehe da ein Problem in der Kommunikation: „Ich glaube viele haben noch von der SPD das Bild einer sehr alten Partei mit vielen alten Menschen. Aber gerade in Sachsen haben wir einen sehr jungen Verband, jedes dritte Mitglied ist unter 35 und bei den Jusos. Wir müssen einfach unsere Themen, die wir haben, die genauso jugendaktuell sind, anders kommunizieren“.
Auch Susann Rüthrich findet, dass man die sozialen Themen mehr für junge Menschen erkennbar machen müsse: „Das können Jugendliche natürlich am besten selber. Wir haben auch coole Jusos, die die Themen selber laut machen und das muss man dann natürlich auch in der Partei sehen und zum Vorschein bringen“. Jehmlich fügt hinzu, dass die SPD in den letzten Jahren viel jünger geworden ist, insbesondere wenn man in die Parlamente schaue: „Die sorgen dafür, dass wir uns eben nicht in eine Rentner-Partei entwickeln.“
Der Wahlabend war ein Rückschlag für die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen in Sachsen. Doch schaut man auf die bevorstehenden Sondierungsgespräche für eine Kenia-Koalition aus CDU, GRÜNE und SPD, hat die Partei ihr Hauptziel erreicht: Mitregieren.