Endlich mehr Redezeit für Männer!

#JPT19

Die Podiumsdiskussionen der Jugendpolitiktage 2019 werden von Männern dominiert. Ein Kommentar zu der Pflicht, Frauen zu Wort kommen zu lassen.

Suchspiel: Finde die Frau im ersten Forum. Foto: Christopher Folz

Es ist schon wieder passiert: Männer übernehmen die Runde. In der ersten Reihe geht eine Hand in die Luft. Überraschung, es ist ein junger Mann. Er ist Teilnehmender der Jugendpolitiktage, die beim Hautbahnhof Berlin stattfinden. Der junge Mann sitzt in dem Zelt am Washingtonplatz, das gerade eng genug ist, um notgedrungen mit den anderen Teilnehmenden zu kuscheln und sich dafür nicht zu schämen. Die Bundesjugendministerin Franziska Giffey (SPD) hat zu einer Fragerunde eingeladen. Warum er denn in der ersten Reihe sitze, will Giffey von dem jungen Mann wissen. Heiße er Michael oder Thomas? Einige der Teilnehmenden lachen. Giffey erklärt, dass die Vorstände deutscher Unternehmen zu 94 Prozent aus Männern bestehen. Alleine die beiden Namen Thomas und Michael finde man in Vorständen häufiger als Frauen insgesamt.

Zu viele Männer auf dem Podium?

Der junge Mann in der ersten Reihe heißt anders, das Thema Gleichberechtigung wird benannt, alles ist gut. Zumindest kurz. Im ersten Themenforum der Jugendpolitiktage 2019 ist Parität ungefähr genauso beliebt wie der Begriff „alte weiße Männer“: Von manchen thematisiert, von vielen belächelt. Auf der chatwall, die während der Veranstaltung an den Fernsehern neben dem Podium mitläuft, können Teilnehmende direkt über ihr Handy Kommentare abgeben. „Bitte eine Frau nach vorne. Das tut ja im Auge weh!!“ schreibt jemand. „Sobald alte, weiße Männer anfangen, mir die Welt zu erklären, werde ich sehr müde“, eine andere. Am Ende des Tages haben sich ähnliche Kommentare angesammelt, die die Abwesenheit von Frauen kritisieren.

Zu wenige Frauen in Führungspositionen?

Im zweiten Forum sind drei von vier Podiumsgästen männlich. Auf mehr als eine Frau kommen nur wenige der Foren. Ist das einfach der Nebeneffekt davon, dass die wichtigen Jobs immer noch größtenteils von Männern besetzt sind? Gibt es da draußen einfach keine Frauen, die genauso kompetent sind, dass man sie zu einem Podium einladen könnte? Wohl kaum.
Für Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen ist keine süße Fleißarbeit. Es ist vielmehr eine Pflicht, Frauen zu Wort kommen zu lassen. Diese Pflicht, für ein ausgewogenes Podium zu sorgen, gilt primär für die Veranstalterinnen und Veranstalter. Zumindest sofern sie die vorhandenen Machtverhältnisse nicht reproduzieren wollen. Wer sich nicht aktiv für die Sichtbarkeit von Frauen einsetzt, setzt sich automatisch dagegen ein. Punkt!

Gleichgültigkeit bei der Verteilung von Podiumsplätzen führt nämlich nicht zu einer Bühne, die Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht beurteilt.
Gleichgültigkeit bei der Verteilung von Podiumsplätzen führt zu einer Bühne für etablierte Machtverhältnisse.

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