Wie arbeitet Unicef politisch in Deutschland? Dr. Sebastian Sedlmayr, Leiter der Abteilung Kinderrechte und Bildung, erklärt Jugendlichen beim Unicef-YouthFestival, wie mühsam es sein kann, sich in Berlin für den Nachwuchs einzusetzen. Was Grundgesetz und UN-Kinderrechtskonventionen damit zu tun haben, erklärt unsere Reporterin Samira El Hattab.
Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nation die Kinderrechtskonventionen. Anerkannt wurde somit etwas vermeintlich Selbstverständliches: Kinderrechte sollten von nun an Teil der Menschenrechte sein.
Seitdem wirken die Konventionen als das wichtigste Menschenrechtsinstrument für Kinder und genießen international einen hohen Stellenwert.
Der 20. November also, ein großer Tag für Kinder auf der gesamten Welt und ein gewaltiger Schritt in Richtung einer Zukunft, die beherrscht ist von Kinderbeteiligung in Politik, Bildung und Gesellschaft, so die Intention.
Jetzt, dreißig Jahren später, sieht es immer noch nicht rosig aus. Weiterhin kämpfen verschiedene Kinderrechtsorganisationen dafür, dass die Inhalte der UN-Konventionen endlich im deutschen Grundgesetz vertreten werden
Politische Arbeit einer Hilfsorganisation
Ein Meilenstein für Kinderrechte wurde im Koalitionsvertrag der 2017 neu gewählten Regierung gelegt, denn das Kabinett unter Merkel nimmt sich für die nächsten vier Jahre das erste Mal konkret vor, Kinderrechte dem Grundgesetz beizufügen. Ein Ergebnis großer politischer Arbeit, die von vielen verschiedenen Hilfsorganisation, auch Unicef, bestärkt und gefördert wurde.
Sebastian Sedlmayr ist trotz des offensichtlichen Erfolges zurückhaltend optimistisch. „Es ist sowieso erst für die zweite Hälfte der Legislaturperiode vorgesehen, es müssen etliche Instanzen durchlaufen werden und dann müssen auch noch Parteien dafür stimmen, die sich vor der Wahl ganz klar gegen Kinderrechte im Grundgesetz positioniert haben, damit wir eine Mehrheit im Parlament erreichen. Noch sehr viel zu tun für uns.“
Doch was würde sich konkret für Kinder ändern, wenn ihre Rechte in dem dicken weißen Buch verschriftlicht werden? Warum ist es seit 1989 noch nicht schon lange geschehen? Was spricht dagegen?
Kinderrechte im Grundgesetz – und dann?
Viele Politikerinnen und Politikoer argumentieren erfolgreich gegen Kinderrechte im Grundgesetz. Kinder seien eigenständige Personen, also würden die Menschenrechte sowieso greifen. Außerdem würde sich mit dem Gesetz ja eh nichts wirklich ändern.
Gern wird auch an das dunkle Kapitel der deutschen Geschichte erinnert, in der Artikel aus dem Grundgesetz dazu benutzt wurden, Kinder zu befehligen, bei bestimmen Gruppierungen mitzumachen.
Den Eltern fehlte damals das Mitbestimmungsrecht. Mit einer erneuten Stärkung der Kinderrechte nehme man gleichzeitig den Eltern Macht, lautet eine Argumentation.
Sedlmayr fordert gesetzliche Grundlage
Sedlmayr ist anderer Meinung. Es sei unglaublich wichtig, dass es für Kinder eine gesetzliche Grundlage gebe. Egal, ob es jetzt um fehlende Anlaufstellen für Kinder mit Sorgen handle, die dann juristisch eingeklagt werden oder um eine stärkere Beteiligung der Kinder an dem allgemeinen Stadtgeschehen, die momentan nur fleckenhaft existiere.
„Die Rechte der Kinder sind von Kommune zu Kommune unterschiedlich, es kommt ganz auf die Person an, die dort regiert“, sagt Sebastian Sedlmayr und nennt Stuttgart und München als unterstützende Beispiele. Während man in Stuttgart einen neuen Bahnhof baue, ohne den Interessen der Kinder Gehör zu schenken, werde in München viel für Kinderrechte getan.
Würden Kinderrechte im Grundgesetz verankert, würde nicht mehr der Ort über Beteiligung des Nachwuchses entscheiden. Überall gäbe es nur einen Artikel, an den es sich zu halten gelte.
Jedes Kind bekäme die Chance seine Stimme zu erheben, sich einzumischen und für (s)eine bessere Zukunft zu kämpfen, betont Sedlmayr.