„…sie ist nur anders politisch“, sagt der Zukunftslobbyist Wolfgang Gründinger. Beim literarischen Fishbowl las er aus seinem Buch „Alte Säcke Politik. Wie wir unsere Zukunft verspielen.“ und diskutierte mit Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern. Ein Bericht von Christina Mikalo.
„Wir sind in einer Zeit, in der die Alten von den Jungen lernen können.“ Mit diesem selbstbewussten Statement warb Gründinger für mehr Austausch zwischen jungen und alten Menschen. Er verstehe nicht, weshalb gerade Ältere skeptisch gegenüber Dingen wie dem Recht auf Asyl seien. Wegen ihrer Erfahrungen, etwa mit den Flüchtlingen im Zweiten Weltkrieg, müssten sie „doch eigentlich dafür kämpfen.“ Junge Menschen seien da viel toleranter.
Politisch seien sie auch, so Gründinger. Nur engagieren sich junge Leute heute weniger auf „klassische Weise“, also in Parteien. Doch auch, wer ein Unternehmen gründet oder nachhaltig konsumiert, zeige, dass er etwas verändern wolle. Vorurteile der Alten gegenüber den Jungen sind deshalb fehl am Platz: Wer als alter zu einem jungen Mensch sagt „Ihr seid doch alle faul“, beurteilt für Gründinger mit dem falschen Maßstab.
Die Politik steht still
Alte Menschen bestimmen oft die politischen Leitlinien: Das Durchschnittsalter eines Bundestagsabgeordneten liegt bei rund 50 Jahren. „Die Politik verwaltet den Stillstand“, sagt Gründinger. „Sie tut zu wenig für Kinder und schwelgt in der Vergangenheit, statt von der Zukunft zu träumen.“
Warum zum Beispiel kommt Politik in vielen Schulen zu kurz? Warum haben Parteien keine Jugendquote? „Politisch Karriere macht als junger Mensch meist nur, wer sich der Parteibasis anpasst“, kritisiert Gründinger. Für eigene Ideen gebe es zu wenig Raum. Dabei müsse gerade in puncto Bildung, Digitalisierung und Arbeit viel getan werden, um künftige Krisen zu vermeiden.
Jung gegen alt?
Sind also die „alten Säcke“ an allem Schuld? Von den Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern kommt Einspruch: „Auch ältere Leute können frisch denken“, findet Marja. Klar, entgegnet Gründinger. Er räumt ein, dass auch junge Leute „zum Teil versagt“ haben: Die Jungen haben sich nicht genug organisiert. Viele beteiligen sich in Projekten, die irgendwann auslaufen. Besser fände es Gründinger, wenn wieder mehr junge Leute in Parteien eintreten würde. So könnten Jung und Alt auch wieder mehr ins Gespräch miteinander kommen. „Das ist die Hoffnung. Brücken bauen statt Mauern hochziehen.“
Dennoch: Um etwas an der derzeitigen Lage zu ändern, müsse laut Gründinger erst einmal anerkannt werden, dass es einen Konflikt – oder zumindest unterschiedliche Interessen – von Jung und Alt gebe. Derzeit wolle man „Jugendliche und Kinder vor Demokratie schützen“, sagt Gründinger, „etwas, das ich nicht schützenswert finde.“
Hier findet ihr auch ein Videointerview mit Wolfgang Gründinger!