Den deutschen Medienmarkt beherrschen immer weniger Unternehmensgruppen. Das hat negative Folgen – nicht nur aus kartellrechtlicher Sicht. Luise Martha Anter hat nachgeforscht.
Neulich im Bahnhofsbuchhandel: Alles so schön bunt hier! So viele verschiedene Titel! Auszeit, emotion, flow oder momente? LandLust, LandLiebe, LandKind oder doch lieber LandGarten? Kein Wunder, dass Dirk Benninghoff, Chefredakteur der Content-Marketing-Agentur fischerAppelt, während des Auftaktpodiums der Jugendmedientage vom „wahnsinnig vielfältigen Angebot“ der deutschen Medienlandschaft schwärmte. Was für ein schönes Märchen. Letzteres nimmt ein jähes Ende, wagt man den Blick ins Innere all der Zeitungen und Magazine – um genau zu sein: ins Impressum. Dort wird man ziemlich oft die gleichen Verlagsnamen finden: Burda, Funke, Springer, Gruner + Jahr, Bauer, DuMont.
Zeitungen im Zeitalter des Teilens
Ein Zustand, der nicht auf den Markt der Zeitschriften und Magazine beschränkt bleibt. „Im Moment haben wir eine ganz schwierige Situation, vor allem der Presse.“ Die Kommunikationswissenschaftlerin Barbara Pfesch ist eine ruhige Frau, spricht mit leiser Stimme, wählt ihre Worte mit Bedacht. Von ihrer Drastik nimmt ihnen das nichts: Sie spricht von einer „Konzentrationswelle“, die man vor allem auf lokaler Ebene erlebe. Dort haben Tageszeitungen häufig eine Monopolstellung innerhalb ihres Verbreitungsgebietes. Viele Lokalzeitungen, so die Professorin, die an der Freien Universität Berlin Kommunikationstheorie und Medienwirkungsforschung lehrt, produzierten außerdem keinen eigenen überregionalen Teil – also Politik, Sport, Wirtschaft und mitunter Kultur – mehr, sondern lassen sich mit einem sogenannten Mantelteil „beliefern“: Die Dresdner Neuesten Nachrichten und die Leipziger Volkszeitung beispielsweise haben denselben überregionalen Teil. Einer Analyse des Leibniz-Institutes von 2012 zufolge wiesen in Deutschland 120 von 336 Lokalzeitungen keine eigene Mantelredaktion auf. Auch die Straßenverkaufszeitungen, also BILD und Konsortien, sind von der Konzentration betroffen: Fast 80 Prozent der Verkaufsauflage entfallen auf die Axel Springer AG. Zu lesen ist das im Jahresbericht der „Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich“ (KEK), in dem auch die Verhältnisse auf dem Fernsehmarkt als „eng“ und „oligopolistisch“ bezeichnet werden.
Weniger Leser, gleiche Produktionskosten
„Der Punkt ist jetzt: Was heißt das für die Meinungsbildung?“ Barbara Fesch beugt sich vor, nimmt ihre rote Lesebrille in die Hand, setzt sie wieder auf. „Weniger unabhängige Journalistinnen und Journalisten, weniger unabhängige Redaktionen – das heißt weniger unabhängige Berichterstattung, weniger unabhängige Kommentare“. Aus normativer Sicht sei das „ein riesiges Problem.“ Zwar stellt die KEK fest, dass die Konzentration keine erheblichen Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt habe. Trotzdem fordert sie, Meinungsmacht durch gesetzliche Regulierungen zu verhindern – zum Beispiel durch die Verpflichtung eines Anbieters, sich von einer Beteiligung an „meinungsrelevanten Angeboten“ zu trennen. Barbara Pfesch hingegen sieht die Konsumentinnen und Konsumenten in der Pflicht – die nämlich lesen immer weniger Tageszeitungen, sind immer weniger bereit, für journalistische Inhalte zu zahlen. Schließlich fusionieren Medien nicht aus Langeweile oder Experimentierfreudigkeit. Sondern aus ökonomischem Kalkül, ja, aus ökonomischer Notwendigkeit: Auch wenn die Auflagen sinken – die Produktionskosten bleiben gleich. Journalistinnen und Journalisten müssen bezahlt werden, egal wie viele Zeitungen verkauft werden. Zudem sinkt mit der Auflage auch die Attraktivität für Werbekunden. Und damit die Einnahmen.
Wendet man den Blick jedoch ab von den klassischen Medien, dann finden sich in den neuen Medien Informationsquellen in Hülle und Fülle. Also alles halb so wild? Pfesch hält das für naiv. „Netzkommunikation kann die öffentliche Aufgabe der Presse nicht erfüllen.“ Sie hofft stattdessen, dass die Zahlungsbereitschaft für „Meinungen und Informationen von hohem Niveau“ steigt – vor allem auch bei der jungen Generation. Die bekomme eine Push-Meldung nach der anderen auf ihr Smartphone – aber reflektiere den Inhalt häufig nicht. „Junge Leute müssen sich Gedanken machen.“ Damit es im Bahnhofsbuchhandel irgendwann richtig bunt wird – auch abseits all der Hochglanz-Bilder.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wo soll den das Plurale herkommen, wenn schon in der Schule auf unisono getrimmt wird?
Daher fällt es allen Akteuren schwer, zu erkennen, daß „Right is right and left is wrong“ eine Tatsachenbehauptung ist.
Linkes Denken ist eingeschränktes Denken, erzeugt Denkfaulheit und verhindert das Erkennen der Wirklichkeit.
Luisa Martha Anter, 20 Jahre alt und Studentin der Politik- und Kommunikationswissenschaften
Politik und Kommunikation sind keine Wissenschaften und können auch nicht als solche anerkannt werden.