Katharina Buch saß mit den ganz Großen am Tisch: Sie ist UN-Jugenddelegierte und vertrat die Stimmen junger Menschen in der Generalversammlung in New York. Lisa Pausch hat mit ihr gesprochen: Über ihre Träume, die Jugend in der Politik und wie nationalistische Tendenzen zu erklären sind.
„You need to be the change you want to see.“ Wenn Katharina Buch in der Generalversammlung in New York das Wort erteilt bekommt und Mahatma Gandhi zitiert, könnte man die 23-Jährige gutmütig als eine junge Träumerin abstempeln. Viel eher sollte man jedoch das Bild einer zuversichtlichen modernen Visionärin malen. Sie hat viele Ideen für unsere Welt und wirkt erfrischend authentisch. Ihr Wunsch: Eine bunte Zukunft, weit weg von der neuen Aggressivität, ein gemeinsames Miteinander weltweit und die Natur mehr zu achten. Was zunächst nach Bullerbü-Nachbarschaftsbildern klingt, hat heute einen festen Platz auf der politischen Agenda.
Plötzlich Jugenddelegierte
Während ihres freiwilligen ökologischen Jahres bei der Naturschutzjugend (NAJU) beschäftigte sie sich erstmals mit Mitbestimmungsrechten junger Menschen. Daraufhin wurde sie Bundesjugendsprecherin der NAJU, dann Jugendbotschafterin für die Lobby- und Kampagnenorganisation ONE, die sich für das Ende extremer Armut einsetzt. Danach ging es eine Ebene höher: Ende 2015 bewarb sie sich als UN-Jugenddelegierte und übernahm das Amt für ein Jahr. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Eric Klausch und 62 jungen Menschen aus 35 Nationen durfte sie im Dritten Ausschuss der UN-Generalversammlung in New York im Oktober 2016 eine kurze Rede halten. Sie informierten andere Mitgliedsstaaten über Forderungen und Visionen von Jugendlichen in Deutschland. Zur Vorbereitung darauf trafen die beiden im Sommer diesen Jahres auf einer Rundreise in Deutschland Jugendliche in unterschiedlichsten Regionen – über Vereine, Parteijugenden und ein Kinder-Camp. Katharina beobachtet eine Tendenz: Die Jugend schwankt zwischen Welteifer und Resignation. Der Individualismus wecke den Wunsch nach gemeinsamen Bewegungen wieder zum Leben. Ereignisse wie der Brexit würden jedoch zu neuen Grenzen führen und irritieren.
Politik muss Türen öffnen
Tatsache sei, dass gerade die junge Generation nie vernetzter war als heute. Wie lassen sich dann zunehmend nationale Tendenzen erklären? „Sie sind eine Folge der immer komplexeren Weltzusammenhänge“, überlegt Katharina. Es sei einfacher für den Fehler eine schnelle Antwort zu finden. Eine Biedermeier-Tendenz mit dem Rückzug ins Private und Nationale sei zudem eine Antwort auf fehlendes Vertrauen in die Politik. „Hier darf der politische Diskurs aber nicht abbrechen“, betont Katharina. Vor diesem Hintergrund sei es besonders wichtig, Jugendliche an Politik teilhaben zu lassen, Türen zu öffnen und zum Gespräch einzuladen: „Politiker und Politikerinnen sind auch Menschen, und keine unberührbare Übermacht.“
Eine Fünf-Minuten-Rede zweier junger Leute vor der UN sei nicht das, was die Welt bewegt, ergänzt die UN-Jugenddelegierte, aber es entstehe ein Grundrauschen. „Es lässt sich unmöglich leugnen, dass junge Menschen jetzt dabei sind und mitmischen.“ Sie alle wollen den Staatenverband transparenter und effektiver sehen. Laut Katharina muss deutlich mehr getan werden für Nachhaltigkeit und die Gleichbehandlung der Geschlechter. Besonders Letzteres befinde sich in einem sehr starken Aushandlungsprozess, ergänzt sie.
Der Wille zum Wandel
Die 23-Jährige ist sich bewusst, dass sie als deutsche Delegierte aus einer privilegierten Position heraus spricht: Wo andere Delegierte den Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen fordern, wollen sie und Eric mehr politische Bildung für das Land. Aber sie habe in Unterhaltungen mit UN-Jugendvertretenden aus aller Welt gespürt, dass etwas brennt: der Wille, den Status Quo als starke Gemeinschaft zu verändern. Katharina hat viele Freundschaften geschlossen in dieser Zeit. Für junge Engagierte aus Tansania, dem Sudan, Kolumbien und Nepal haben die beiden mit den ehemaligen Delegierten Carina Lange und Alexander Kauschanski vor der YouthCon in Bonn einen Workshop organisiert, um ihre Erfahrungen weiterzugeben und Jugenddelegiertenprogramme im Aufbau zu unterstützen.
Katharina ist eine souveräne junge Frau, mit klarer Stimme und aufrechter Haltung – sie hat inzwischen gelernt, ihre Worte auszuwählen und ihre Ideen zu verbreiten. Beim Zuhören glaubt man nicht, dass sie das geputzte Parkett oder die ledernen Bürostühle dringlich sucht. Gerade hat Katharina ihr Bachelorstudium in Public Management in Berlin beendet und plant gerade ihren Master in Public Policy. Profile wie ihres haben Aufstiegschancen bei internationalen Organisationen. Eher als für die Generalversammlung kann sie sich vorstellen für UN-Programme zu arbeiten, etwa für UN Woman und die Stärkung von Frauenrechten weltweit. Das ist der Wandel, der sie sein möchte.
Weitere Informationen zum UN-Jugenddelegiertenprogramm findet ihr hier. Bewerbungsschluss für das Jahr 2017 ist der 9. Januar 2017.