Jugendliche und die Sache mit Nachrichten

Junge Menschen gehen anders mit Medien um als ältere. Nachrichten erhalten sie häufig nur über Twitter und Politik interessiert sie nicht so sehr. Aber was wird in der Schule über Nachrichten gelehrt? Tut die Schule genug, damit Jugendliche kompetent mit Medien umgehen können? Sabrina Winter nahm die Studie der TU Dresden unter die Lupe

Foto: Jonas Walzberg
Lutz Hagen stellte die Studie „Nachrichtenkompetenz in deutschen Schulbüchern“ auf dem BDZV-Zeitungskongress 2016 vor. Foto: Jonas Walzberg

In der Schule wird zu wenig über Nachrichten gesprochen. Das haben Forscher und Forscherinnen der TU Dresden herausgefunden. Sie haben den Stellenwert von Nachrichtenkompetenz in Schulbüchern untersucht. Das Ergebnis: Nachrichtenkompetenz kommt in den meisten Lehrbüchern zwar vor, nimmt dort aber nur wenig Platz ein. Geleitet wurde die Studie namens „Nachrichtenkompetenz in deutschen Schulbüchern“ von Professor Lutz Hagen vom Institut für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden. Er sagt: „Nur in der Hälfte der Schulbücher wird Nachrichtenkompetenz überhaupt thematisiert. Da gibt es Nachholbedarf.“

Wer Nachrichten will, wandert ins Internet – und dort in die sozialen Netzwerke. Besonders junge Menschen unter 24 beziehen einen beachtlichen Teil ihrer Nachrichten von Facebook, Twitter und Co. Dieser Trend nimmt zu. Soziale Netzwerke werden immer wichtiger, wenn es um Nachrichtennutzung geht. Das Problem dabei ist, dass oft ein Algorithmus entscheidet, welche Nachrichten man liest – und welche nicht. Er selektiert und sortiert, bevor man selbst entscheiden kann. Hier tut sich ein interessanter Zusammenhang auf: Wer algorithmische Nachrichtenangebote intensiv nutzt, neigt zu extremeren Meinungen, so Hagen.

Jung und uninteressiert

Hier mahnt Hagen zur Vorsicht. Er berichtet, dass jüngere Menschen zwischen Angeboten, die sie im Internet finden, immer weniger differenzieren. Befragungen haben ergeben, dass einige Jugendliche Wikipedia als Journalismus einstufen. „Jugendliche haben sich stets weniger verpflichtet gefühlt, sich politisch zu informieren“, sagt Hagen. Wenn dieser Trend zunimmt, sieht er darin eine Gefahr für die Demokratie: „Wenn sich junge Leute nicht mehr für das aktuelle Weltgeschehen interessieren, ist das gefährlich. Wenn sie nicht wissen, wofür Nachrichten gut sind, haben sie auch kein Verständnis dafür, wie wichtig Nachrichtennutzung und politische Information für unsere Demokratie ist.“

Schüler und Schülerinnen lernen kaum etwas über das Mediensystem

Auf dem BDZV-Kongress hat Hagen seine neue Studie zum ersten Mal vorgestellt, die von der Stiftervereinigung der Presse e.V. in Auftrag gegeben wurde. Er und sein Team haben über 300 Schulbücher aus Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin analysiert. Dabei haben die Forscher und Forscherinnen auch herausgefunden, dass in den Büchern vor allem Medieninhalte behandelt werden. Über das Mediensystem oder Mediengattungen wird kaum etwas gelehrt. Vor allem werden Zeitungen thematisiert, digitale Medien werden in Schulbüchern weitaus seltener angesprochen. Das scheint paradox in einer Zeit, in der Jugendliche ihre Nachrichten aus sozialen Netzwerken ziehen.

Bei der Präsentation seiner Studie auf dem BDZV-Kongress geht Lutz Hagen auch auf die „Lügenpresse“-Vorwürfe ein und zeigt, je mehr Bildung Menschen haben, desto mehr vertrauen sie der Presse. Einen Zusammenhang zwischen den Vorwürfen und einem Mangel an Nachrichtenkompetenz sieht er nicht: „Ich glaube, dass dieser Zusammenhang nicht so stark ist. Schon seit 20 Jahren ist das Vertrauen in die Medien immer weniger ausgeprägt.“ Der Professor für Kommunikationswissenschaft blickt positiv in die Zukunft: „Vielleicht kann man hoffen, dass gerade durch die ,Lügenpresse‘-Vorwürfe, sich junge Leute stärker damit befassen, was Medien sollen und was sie machen.“

Im Kurzinterview möchte unser Videoteam wissen, inwiefern das Thema Nachrichtenkompetenz auch in Lehrbüchern stattfindet. Kurz und Saftig mit Prof. Dr. Lutz Hagen

Hintergrund-Infos

Nachrichtenkompetenz: Der Begriff beschreibt die Fähigkeit, Nachrichtenmedien und journalistische Inhalte zielgerichtet zu nutzen, zu verstehen, kritisch zu beurteilen sowie an der Nachrichtenproduktion zu partizipieren. Das Konzept der Nachrichtenkompetenz ist ein Teilbereich der Medienkompetenz (vgl. 2016: Hagen et. al.)

Medienkompetenz: Der Begriff beschreibt sämtliche Fähigkeiten im Umgang mit Medien und Mediengeräten. (vgl. ebd.)

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