Auf dem Jugendforum Stadtentwicklung tauschen sich die Teilnehmenden über all die Schwächen aus, die sie am Stadtverkehr von heute zu bemängeln haben. politikorange-Redakteurin Anastasia Kourti betrachtet das ganze mal aus einer anderen Perspektive und versetzt sich in das Jahr 2066.
Guten Morgen, Welt. Wie jeden Tag werde ich von meinem Wecker zärtlich durch eine Kopfmassage aus dem Schlaf geholt — gerissen. Es ist Montag und auch wenn der iWake von einem jüngeren Steve Jobs mit den besten Skills aus der Lehre der besten 10 Masseure ausgestattet wurde – am Montag treibt das frühe Aufstehen jeden in den Wahnsinn. Daran hat sich in den letzten zwanzig Jahren nichts geändert. Früher bin ich nicht selten schon vor meinem prähistorischen Standwecker von dem lauten Anfahren der Autos geweckt worden, die sich vor meinem Fenster in Bochum Zentrum tummeln. Dann hat ein Chinese in der Not eines wachsenden Peking einen Lärmwall erfunden. Dieser lässt erstaunlicherweise zwar Materie, aber kein bisschen Geschimpfe und Gehupe seitens aufgebrachter Autofahrer durch. Seitdem ist es morgens mucksmäuschenstill.
Morgendlicher Austausch mit Siri
„Guten Morgen, Miss. Ich hoffe, sie hatten eine angenehme Nacht“, dröhnt mir die Nachtigall-Stimme meines Home Siri entgegen. „Sie sehen kaffeebedürftig aus. Welche Sorte darf es heute sein? Doppelt oder lieber dreifach modifizierte Kaffeebohne?“
„Letztere.“ Empört über Siris Kommentar zu meiner morgendlichen Form schwinge ich die Beine vom Bett und befehle meinem pinken, flauschigen und magischen Teppich mich zum Spiegel zu befördern. Tatsächlich! Siri hat nicht übertrieben (ich weiß nicht einmal, ob Roboter zu solchen rhetorischen Mitteln überhaupt in der Lage sind): Diese Augenschatten sind selbst aus einer Entfernung von 2km erkennbar und auch meine Frisur hat schon bessere Tage gesehen. Eine magische Brausetablette, die die Anzeichen einer Nacht mit der 26. Staffel Grey’s Anatomy unsichtbar macht, wurde noch nicht erfunden. Und das, obwohl die Frauen sich derzeit mehr als die Hälfte der Führungspositionen im Bereich der Pharmaindustrie gesichert haben. Ich greife ganz #oldschool zu Concealer.
Der gewöhnliche Sprung in die Drohne
Wenige Minuten zu spät stürme ich aus meiner Wohnung zu der Garage, in der meine Drohne steht, und versuche dabei, meinem Haushaltsroboter auszuweichen. Wenigstens erledigt einer von uns heute pünktlich und mit erstaunlichem Elan seine Arbeit. Der gewöhnliche Sprung in die Drohne, der Befehl „Zur Redaktion, bitte!“ und schon geht es hoch in die Luft. Vor einigen Jahren stand das autonome Fahren noch ganz hoch im Kurs. Das machte das Autofahren um einiges sicherer, die Straßen jedoch nicht leerer. Vor ca. zehn Jahren wurden die Drohnen für den Personentransport auf den Markt gelassen. Was vorher nur Amazons Paketservice vorbehalten war, steht nun auch jedem mit dem nötigen Budget zur Verfügung: Staufreies Fahren auf Wolke A40.
Soziale Ungleichheit inklusive nicht gerechtfertigter, klar getrennter, gesellschaftlicher Schichten herrscht übrigens nach wie vor. Jetzt reicht ein Blick auf den Querschnitt des Stadtverkehrs und man erkennt, wer wozu gehört: Drohnen- oder Autofahrer. Hm.
Und täglich Ärger mit den Schwebeampeln
Schnell vertrieben ist der bittere Beigeschmack dieses Gedankens angesichts der zehnten Schwebeampel, die mich heute an meiner pünktlichen Ankunft hindert. In zwei Minuten beginnt ein wichtiges Meeting: Es geht um den Transport unserer Online-Inhalte auf die Brain-Screens. Fast niemand macht sich momentan noch die Mühe, auf dem Laptop Magazine zu lesen – der Medienchip liefert sämtliche Medien direkt auf die Netzhaut. Auch wir müssen aufrüsten. Die Ampel schaltet auf Grün und ich sehe die nächste Schwebeampel schon genüsslich grinsen. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sollten wirklich mal vorankommen – Teleportation würde meinen Alltag um einiges erleichtern!