Bei Anruf Snowden

Plötzlich erscheint er auf der Leinwand: Edward Snowden ist wieder live aus dem russischen Exil zugeschaltet. Zuvor spricht bei der Media Convention Berlin der Philosoph Luciano Floridi darüber, dass jeder Mensch ein Träger von Informationen ist, einer „Infosphäre“. Und die bilde schließlich das Individuum. Ein kurzes „Hallo“, dann steigt auch Snowden ins Thema ein.

Vertrauen durch Transparenz

Es muss darum gehen, sich als Individuum zu erhalten: „Privacy is the protection of what you are.“ Es sind diese gewohnt markigen Worte, für die er den erwarteten Applaus erntet. Wer den Reden live vor der Bühne folgen will, muss sich früh einen Platz sichern. Unter dem Titel „The Fourth Revolution“ werden hier die großen Fragen diskutiert. Wer ist im Besitz der Informationen, die Milliarden Menschen über die neuen Kommunikationstechnologien aussenden? Und wer schützt sie glaubwürdig?

Die Regierungen und staatlichen Institutionen hätten ihre Glaubwürdigkeit oft genug verspielt. Um Vertrauen in öffentliche Institutionen und den Rechtsstaat zurückzugewinnen, sind sich Snowden und Floridi einig, müssten diese zunächst selbst durch Transparenz zeigen, dass sie der Öffentlichkeit vertrauen. Die Macht über Daten in den Händen der Regierungen hält Snowden für potenziell gefährlicher als in den Händen der großen Internetunternehmen, auch wenn die ihre Macht häufiger missbrauchten.

Asyl in 21 Ländern beantragt

Die Zukunft der Überwachung und Netzpolitik sieht der Whistleblower weder pessimistisch noch optimistisch. Es liege schließlich an den uns, den Bürgern, Rechte jetzt einzufordern und den Regierungen kritische Fragen zu stellen. Damit ist das Stichwort zu seiner eigenen Situation gegeben: In 21 Ländern hat Snowden Asyl beantragt, auch in Deutschland. Doch die Deutsche Regierung lässt ihn nicht einreisen. Welche Gefahr darin gesehen wird, kann er nicht nachvollziehen. „Wir haben jetzt 2016 und niemand ist durch meine Enthüllungen umgekommen“, sagt er lakonisch. In seiner Enttäuschung verweist er auch an die vom EU-Parlament beschlossene – wenn auch rechtlich eher wirkungslose – Resolution, ihn nicht an die USA auszuliefern.

Dahin würde er gern zurückgehen, sollte es einen „fairen Prozess“ geben. Zur Frage seines derzeitigen Aufenthaltsorts gab er sich erstaunlich souverän: Er sei räumlich beschränkt, aber nicht in seinen Gedanken, die er der Welt mitteilen könne. Ein perfektes Schlusswort zur Live-Schalte nach Berlin.

Henrik Nürnberger

Verwaltungswissenschaftler und Blattmacher aus Leidenschaft.

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