Die Teilnehmer*innen des achten Jugendforums Stadtentwicklung entwerfen kreative Maßnahmen, Konzepte und Ansätze zur Frage „Wie und wo können Wohnungen für Flüchtlinge entstehen?“.
Samstag, 14 Uhr: Bereits zu Beginn von Workshop 1 wird die Diskussionsfreudigkeit und das Ideenreichtum der Teilnehmer*innen des Jugendforums Stadtentwicklung deutlich: Georgios Stavropoulos, der mit seinen Kommiliton*innen im Rahmen einer Arbeitsgruppe seiner Universität unkonventionelle Konzepte zur Unterbringung von Geflüchteten entwickelte, hält einen einführenden Input-Vortrag in die Thematik und stellt einige prototypische Modelle vor. Gefühlt jede Power Point-Folie entfacht eine Diskussion in der Arbeitsgruppe, die von Bianca Schemel, Autorin und Dozentin für nachhaltige Entwicklung, moderiert wird. Und auch Anja Röding (politikorange interviewte sie bereits), Stadtplanerin beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, diskutiert angeregt mit den Teilnehmer*innen – auch wenn die Diskussion eigentlich erst nach dem Input vorgesehen war.
Idealistisch vs. realistisch
Nach dem Input entwickelt die Arbeitsgruppe einen Katalog an „Leitideen“, die idealisiert erstrebenswerte Ziele der Unterbringung von Geflüchteten zusammenfassen. Große Zustimmung macht sich breit, als es jemand aus der Arbeitsgruppe auf den Punkt bringt: „Geflüchtete haben dieselben Ansprüche wie auch andere Menschen, sie wollen ebenfalls nur menschenwürdig wohnen.“ Diesem Gedanken folgend legt die Gruppe zunächst Grundsätze fest: Neue Unterkünfte für Geflüchtete sollen, wenn möglich, nach akuter Nutzung weiter als Wohnraum verwendbar sein. Weiterhin sei es wünschenswert, Unterbringungen zu dezentralisieren, um eine Anbindung an eine lokale Infrastruktur und eine damit einhergehende Förderung von Integration zu gewährleisten. Das beuge der Entstehung von Brennpunkten vor.
Nicht immer ist alles möglich
Die Gruppe findet, diese Grundsätze böten einen hilfreichen Katalog an erstrebenswerten Zielen bei der Konzeption von Flüchtlingsunterkünften. Es sei jedoch wichtig, sich hierbei stets vor Augen zu halten, dass nicht immer alle Leitideen zu verwirklichen seien, da jeder Wohnraum unterschiedliche Rahmenbedingungen für diese vorweise. Im weiteren Verlauf des Workshops werden einige grobe Ideen, die diesen Leitideen entwüchsen, besprochen, doch auch ein Workshoptag neigt sich mal dem Ende zu.
„Wollen wir jetzt mal konkret werden?“
Am Sonntagmorgen wird sich wieder zusammengesetzt, man will weiter konzeptionieren: Doch während es in der ersten halben Stunde eher stockend mit einigen Fragen der Teilnehmer*innen und Besprechungen vorangeht, tickt die Uhr: Es ist nur noch eine halbe Stunde Zeit, bis der aktuelle Zwischenstand den anderen Arbeitsgruppen präsentiert wird. „Wollen wir jetzt mal konkret werden?“, fragt Bianca Schemel. Zustimmung im Raum, dann kurz Stille. Plötzlich sagt eine*r: „Wir müssen uns einfach fragen: ‚Was kann man tun, um schnell und günstig Unterkünfte zu bauen?’….“, jemand anderes ergreift das Wort: „…und die vielleicht auch besser als die bereits bestehenden sind.“ Konzentriert wird nachgedacht.
Ein Teilnehmer schlägt vor, eine Google Maps-Karte eines x-beliebigen Dorfes auszudrucken und einige gesammelte Ideen für ländliche Regionen darin zu markieren: So könnte ihr Konzept beispielhaft veranschaulicht werden: „Wenn wir schon sagen, wir wollen konkret werden, dann geht es, meiner Meinung nach, nicht konkreter als damit.“ Einige Teilnehmer*innen nicken zustimmend, doch es macht sich auch Unmut breit: „Ich glaube, das wäre zu plakativ“, findet jemand.
Networken auf dem Land
Letztendlich wird die Idee verworfen. Plötzlich, wie aus dem Impuls heraus ergreift Inputgeber Stavropoulos den Stift und zeichnet, ganz als Architekt, das besprochene Grobkonzept für Dörfer vereinfacht auf ein Poster, das auf dem Tisch liegt.
„So finde ich das gut!“, der vorher eher skeptische Teilnehmer scheint nun zufrieden zu sein und auch der Rest des Arbeitskreises erklärt sich mit dieser Darstellung einverstanden. Nun greifen die Teilnehmer*innen einige genannte Ideen vom gestrigen Tag wieder auf: Es wird der Gedanke, einige Dörfer innerhalb eines Landkreises zu einem „Ingrationszirkel“ zusammenzuschließen, aufgeworfen. Nachdem der Grundstein für dieses Konzept gelegt ist, folgt ab etwa 11 Uhr schlagartig eine Idee auf die nächste: Institutionen wie ein „Refugee Café“, Begegnungsstätten, die Wohnungen und Ehrenamt kombinieren, oder der Ausbau von Busverbindungen zwischen einigen Dörfern, böten den Geflüchteten erweiterte Möglichkeiten, sich auch in ländlichen Regionen ein Netzwerk aufzubauen. Viele weitere Ideen, so auch die Beratung von Geflüchteten für Geflüchtete, oder Internet in Flüchtlingsunterbringungen zu etablieren, sind nur einige der vielfältigen konzeptionellen Ideen der Teilnehmer*innen.
Nun, etwa gegen 11:30 Uhr, ist Workshop 1 bereit zur Präsentation des Zwischenstands. Hier sollen sich die Arbeitsgruppen gegenseitig ein Feedback geben. An Ideen fehlt es ihnen auf jeden Fall nicht.