Uwe Fröhlich, Stadtverordneter der Grünen, macht sich für Potsdam als Fairtrade-Town stark. Lilith Grull im Gespräch mit dem Kommunalpolitiker.
Herr Fröhlich, warum gerade Fairtrade?
„Das Fairtradelogo ist das älteste und gerade hier kann man sich sicher sein, dass die Handelsstrukturen umfänglich und regelmäßig geprüft werden. Wenn doch ein Mal ein Kriterium falsch angegeben oder im Nachhinein verletzt wird, wird kritisch hinterfragt: wie und warum. Es wird sich der Thematik mit großer Aufmerksamkeit zugewandt und gibt den Verbraucher*innen die Chance, etwas bewusster mit dem Konsum umzugehen und gleichzeitig etwas für die Produktion zu tun. Es ist eine schöne Chance, auch etwas für Menschen vor Ort zu verändern und oder präventiv vorzugehen. Gerade in Bezug auf die Flüchtlingssituation muss man sich heute sensibilisieren. Es gibt nicht nur Krieg als Fluchtursache allein. Klimawandel und schlechte Arbeitsbedingungen können auch ein Grund sein, sein Land zu verlassen. Dass Menschen aus existenzieller Not flüchten, das ist Fakt. Wir wollen mit unserer Initiative für eine bessere, solidarische Welt sorgen und eben dafür ist Fairtrade ein gutes Mittel.“
Was gibt fairer Handel unserer Welt?
„Fairer Handel ist eine Grundstütze für die Menschen, die vor Ort Genussmittel wie Kaffee, Tee, Säfte, Obst, Gemüse, Kleidung und Ähnliches produzieren. Hier ist es dann interessant zu sehen, unter welchen Bedingungen die Produkte entstanden sind. Was sind die allgemeinen Produktionsvoraussetzungen, wurden Giftstoffe verwendet? Die Fairtrade-Towns stärken die Durchsichtigkeit der Kreisläufe. Gerade mit dem politischen Statement, eine faire Handelsstadt zu sein, kann man viel Aufklärung betreiben. Vom jungen Kind bis zum älteren Menschen gibt es viele Informationsdefizite. Ihr Einfluss ist nicht zu unterschätzen. Die Verbraucher*innen entscheiden, ob sie eine Plastiktüte oder einen Baumwollbeutel aus fairer Produktion kaufen, der die selbe Aufgabe erfüllt. Wir wollen, dass die Verbaucher*innen sich von Anfang an über die Kreisläufe der Handlungsstruktur Gedanken machen und dass die Lebenssituation der Produzenten hier vor Ort, aber auch in fernen Länder stetig verbessert wird. Wie Spitzen von Eisbergen werden solche Problematiken von der medialen Welt aufgenommen. Das trägt zumeist wenigstens bei jungen Menschen dazu bei, dass sie mehr darauf achten, wo sie ihre Klamotten kaufen.“
Wie wird der Stadt Potsdam Fairtrade nahegebracht?
„Es gibt ein diverses Informationsangebot. Hier soll nicht belehrt, sondern angeregt werden. Das reicht von einer fairen Woche, über faire Frühstücke bis zu einem fairen Schulwettbewerb. Schulen können sich klar positionieren, indem die Kantine zum Beispiel faire Produkte vertreibt und in Projekten über Produktionsbedingungen, den Produkttransport und Recycling diskutiert. Es ist wichtig, dass man beispielsweise Menschen, die zu Billiganbietern gehen nicht belehrt, ihnen aber Alternativen aufzeigt. Man sollte Empfehlungen aussprechen, fair zu kaufen und das Oligarchentum von fragwürdigen Produzenten kritisch hinterfragen. Veranstaltungen gibt es für Groß und Klein.“
Herr Fröhlich, was ist Ihr persönlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit?
„Gerade ich als Kommunalpolitiker kann an der Gestaltung meiner Stadt und den Lebensbedingungen mitwirken. Es verändert sich momentan viel. Das Bewusstsein der Menschen für Nachhaltigkeit im sozialen Umgang ändert sich hin zu mehr Konsum. Das möchte ich gern mit der Fairtrade Kampagne unterstützen und auch dafür sorgen, dass sich Fairer Handel in allen Teilen der Stadt gut weiter entwickeln kann. Die Eigenverantwortung der Menschen in Potsdam muss gestärkt werden. Hier ist auch die Zivilgesellschaft gefragt.“
Was ist Ihre Motivation das Konzept von Fairtrade-Towns zu unterstützten?
„Ich bin ehrenamtlicher und gewählter Kommunalpolitiker, sitze im Hauptausschuss und bin schon lange in der Partei BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, komme ursprünglich aus der Bürgerbewegung und engagiere mich gegen Diskriminierung. Länder, in denen es den Menschen nicht so gut geht, gibt es Arbeitsdiskriminierung. Mir ist es ein persönliches und politisches Anliegen, nicht in einer globalen Welt zu leben, in der die Schere zwischen Armut und Reichtum immer weiter auseinander geht. Fairtrade ist eine Möglichkeit grundsätzlich und präventiv dagegen vorzugehen“
Was hat Sie dazu inspiriert aus Potsdam eine Fairtrade-Town zu machen?
„Es gibt in Deutschland mittlerweile über 300 Stäte, die in ihrem Stadtverständnis dem fairen Handel einen großen Raum geben. Mich hat besonders Stuttgart, gerade als eine der größeren Städte, inspiriert. Viele Stadtgebiete sind durch Welt-, Regional- und Bioläden, die auf nachhaltige Produkte des fairen Handels ausgerichtet sind, geprägt. Das hat mich bestärkt, das Thema der Nachhaltigkeit in der Stadtverordnetenversammlung anzusprechen. Demnächst wird auf einer Stadtverordnetenversammlung beschlossen, das Potsdam sich auf den Weg zur Faitrade-town begibt und ich hoffe, dass dem Antrag mehrheitlich zugestimmt wird. Ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung ist für einen Beitritt als Fairtrade-Town nötig, nach und nach erfüllen wir dann alle Bedingungen. Was die Stadt letztendlich tut, ob sich Vereine, Verbände, Gaststätten und Läden sich selbstständig dazu entschließen, sich am fairen Handel zu orientieren, liegt bei ihnen selbst. Was die Bürger als Verbraucherinnen und Verbraucher aus dem Angebot von Fairtrade machen, liegt ebenfalls in ihrer Verantwortung.“