Während der Ruf nach Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie schon längst erhört worden ist, ist die Textilindustrie noch weit davon entfernt. Die Designerin Esther Perbandt aus Berlin setzt sich genau dafür ein. politikorange-Bloggerin Louisa hat sie auf der ZukunftsTour in Magdeburg getroffen.
Esther, seit wann beschäftigst du dich mit dem Thema Nachhaltigkeit?
Es gab im Jahr 2009 ein Projekt namens „Bright Green Fashion“ bei dem fünf Designer*innen aus Berlin und fünf aus Kopenhagen zum ersten Mal in Kontakt mit Nachhaltigkeit gekommen sind. Ich wurde aufgeklärt, was nachhaltige Mode ist und was es für Siegel siegt, das war alles neu für mich. Am Ende gab es eine Modenschau in Kopenhagen, wo jeder ein nachhaltig produziertes Outfit präsentieren konnte. Dadurch wurde ich im positiven Sinne gebrainwasht. Ich habe gemerkt, dass nachhaltige Mode ziemlich wichtig ist. Ich habe angefangen, mir Gedanken zu machen, wie ich selber Nachhaltigkeit in meiner Mode umsetzen kann.
Warum wurdest du vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als Botschafterin nach Bangladesch geschickt?
Das BMZ brauchte jemandem vom Fach, der sich mit dem Thema nachhaltige Mode beschäftigt und das auch gut authentisch vermitteln kann. Der Kontakt zum Ministerium ist durch einen Bekannten gekommen der für sie produziert.
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für deine Kollektion?
Nachhaltigkeit ist eine Säule meiner Arbeit. Ich bin selber gefangen, denn ich arbeite sehr intuitiv, impulsiv und kreativ. Immer darauf zu achten, was ich mache. Ein Designer, der in einem hohen Segment arbeitet, hat eine hohe Verantwortung mit seinen Ideen nicht alles zu machen. Es gibt die tollsten Ideen, die man umsetzen kann, die aber dann ökologisch nicht umsetzbar sind. Man muss sich selber auf die Füße treten. Ich habe keinen Heiligenschein und versuche aber, mit meinem Engagement mich selber und andere mit zu ziehen.
Wie schätzt du die Bemühungen der Modeindustrie in Richtung Nachhaltigkeit ein?
Das ist ein langer Prozess. Als ich versucht habe, mein Label umzustellen, war das nur möglich, indem ich die Preise erhöhe. Kunde geht mit einer Preiserhöhung auch nicht unbedingt mit. Fair gehandelte und fair hergestellte Mode darf nicht teurer werden, wenn sie zu einer Selbstverständlichkeit werden soll.
Hier auf der ZukunftsTour bist du mit einer Box, welche die Situation in einer bangladeschischen Fabrik visualisiert, vertreten. Wie geht es nun mit dem Projekt weiter?
Die Textilbox tourt angebunden an die ZukunftsTour durch Deutschland. Ziel ist es, sie auf Marktplätzen aufzustellen um möglichst junge Menschen in diese Box zu bekommen. Es geht darum, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und ihre Kenntnisse über Textilproduktion zu erfragen. Es geht nicht darum, den Zeigefinger zu erheben und zu sagen, was sie tun und lassen sollen. Es geht grundsätzlich darum, ein Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen, dass man als Endkonsumenten mit kleinen Schritten etwas erreichen kann.
In Bangladesch produzierte Ware zu boykottieren ist auch keine Lösung. Wie können wir die Produzent*innen und ihre Familien unterstützen?
Indem man bewusster einkauft und dort, wo man gerne einkauft, auch nachfragt, wie produziert wird. Oder man startet eine Facebook-Aktion wo man klar macht, dass man die Produkte der Marke mag, sie aber noch lieber fair hergestellt haben möchte. Wenn auf jeder Seite jeden Tag so eine Nachricht kommt, muss dass von den Verantwortlichen auch weiter nach oben geleitet werden. Dass verstehe ich darunter, wenn ich sage, dass man auf Händler und Hersteller Druck ausüben soll. Das sind kleine Dinge, die man bewirken kann. Und natürlich bewusster und auch weniger einkaufen.