In einem interaktiven Workshop hat Lawrence Oduro-Sarpong den Schüler*innen gezeigt, wie die eigentliche Bedeutung von Begriffen verschleiert wird. Dabei wurde deutlich, wie leicht die Teilnehmenden selbst diesen Täuschung erliegen können. Ein Gespräch über die Macht der Worte.
Lawrence, du hast den Workshop „Von Trommlern und Helfern – Die Macht der Worte“ geleitet. Worum ging es dabei?
Es ging um genau das, was der Titel sagt – um Macht der Worte. Wörter sind ein Mittel der Machtausübung. Es geht darum, sie unter die Lupe und verschleierte Botschaften zur Kenntnis zu nehmen.
Du hast die Teilnehmer*innen offen mit solchen Verschleierungen konfrontiert. Zum Beispiel hast du gezeigt, dass jemand den Begriff „Enttäuschung“ sofort negativ empfindet. Damit nehme er sich die Möglichkeit, auch die positive Perspektive einzunehmen – nämlich die Ent-täuschung als Aufdecken einer Täuschung. Damit hast du die Teilnehmer*innen also auch sehr persönlich in den Fokus gerückt. Ist das notwendig, sich so direkt mit dem Thema auseinanderzusetzen?
Absolut, darum ging es ja. Ich meine, die kennen ja in dem Fall den Begriff Enttäuschung die ganze Zeit. Ich sage das Wort und dann reagieren sie darauf in einer bestimmten Art und Weise. Ich mache im Laufe der Zeit klar, dass es auch anders gesehen werden kann. Ohne diese Irritation der Positionierung auf einer Seite, wäre es gar nicht möglich zu verstehen, dass es auch anders geht. Aber indem sich eine Person positioniert hat und von einer anderen Person gehört hat „Ich empfinde es eher so“, wird klar, dass man es sowohl so als auch so sehen kann. Deswegen war es absolut notwendig, dass sie sich erstmal positionieren, um sich dabei zu ertappen, wie einseitig das verstanden werden kann.
Was machen denn Worte? Inwiefern geht Macht von Worten aus?
Weil es mit den Leuten was macht (lacht). Wenn du was hörst, wirst du in eine bestimmte Richtung gelenkt. Nehmen wir das Beispiel „internationale Gemeinschaft“, wobei es darum geht, dass ein paar Länder – sieben vielleicht – den Eindruck vermitteln, es ginge um alle Länder der Welt. Das ist eine Bevormundung der vielen anderen Länder, die dabei nicht vorgesehen sind. Das ist das, was Macht macht: Sie tut etwas mit den Leuten und lenkt sie in eine bestimmte Richtung.
Wie funktioniert diese Lenkung?
Ich bleibe bei dem Begriff „internationale Gemeinschaft“. Ein Kind, egal wo es aufwächst, hört die Begriffe „internationale“ und „Gemeinschaft“. Das bedeutet eigentlich Weltgemeinschaft, die Summe aller Nationen. Davon geht der Zuhörer aus. Wenn aber nicht das gemeint ist, dann wird der Zuhörer getäuscht. Hier sind bestimmte Länder gemeint, suggeriert wird aber, dass alle gemeint sind und dass alle diese Meinung vertreten – was gar nicht der Fall ist. So wird diese Person getäuscht, somit hat dieser Begriff die Funktion der Täuschung.
Wer kann die Macht der Worte benutzen?
Das kann jeder! Macht an sich ist nichts Schlimmes. Sie ist neutral. Macht heißt, du hast die Möglichkeit, etwas zu tun. Aber was du daraus machst, ist das, was zählt. Deswegen gibt es auch einen Begriff namens Machtmissbrauch. Wenn ich sehe, dass Leute beeinflussbar sind und ich nutze dieses Wissen, um sie in eine bestimmte Richtung zu lenken, die nicht im Sinne aller ist, dann missbrauche ich die Macht, die ich habe.
Wie kann man sich das bewusst machen und dagegen vorgehen?
Indem man zur Kenntnis nimmt, dass Wörter Macht beinhalten und dass man die Möglichkeit hat, Menschen mit Worten in eine Richtung zu lenken. Dann muss man sich positionieren und entscheiden, wie man diese Macht ausübt.
Warum ist es wichtig, dass das gerade auch in Schulprojekten eine Rolle spielt und den Leuten bewusst ist?
Weil irgendetwas diese Schülerinnen und Schüler dazu bewegt, sich an ihren Projekten zu beteiligen. Sie machen sich aber nicht ganz bewusst, was das ist. Es gibt ja verschiedene Ebenen des Bewusstseins: das Bewusstsein, das sehr gering ist, das Unterbewusstsein und das Unbewusstsein. Oft gehen sie von ihrem Bewusstsein aus – was oft gar nicht das ist, was sie bewegt, sondern vielmehr etwas im Unterbewussten oder sogar Unbewussten. Indem sie sich mit diesen Begriffen auseinandersetzen, kommen sie langsam in ihr Unterbewusstsein und verstehen, was sie wirklich bewegt. Ich glaube, erst auf dieser Ebene ist ein wirklicher Austausch möglich.
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Ich habe Lawrence 2006 in einem Qualifizierungskurs kennen- liebhaben gelernt und seit her in meiner Arbeit mit Kindergartenkindern nie mehr vegessen.
2018 durfte ich mitdem Massenchor SingOut nach Südafrika. Diesen Perspektivwechseln werde ich nie vergessen.