Mittwoch, 25.6.2014, 15.30 Uhr MEZ. Das Telefon klingelt im Redaktionsraum. Am anderen Ende der Leitung Günther Oettinger, EU-Kommissar für Energie und damit am Schalthebel für die Energiewende. politikorange gewährt er ein kurzes Interview bevor er ins Flugzeug nach Berlin steigt.
Herr Oettinger, Energie, Energiewende, Europa – das sind für viele junge Leute abstrakte Themen, die weit weg sind. Wie versuchen Sie als EU-Kommissar, junge Menschen dafür zu begeistern?
Energie ist die Grundlage für das tägliche Leben: Keine Kälte, keine Wärme, keine Sicherheit, keine Industrie, keine Maschinen, keine Haushaltsgeräte, keine Mobilität, keine Gesundheit ohne Energie. Deswegen geht es darum, durch eine kluge Energiestrategie drei zentrale Ziele zu erreichen: Versorgungssicherheit, Umweltfreundlichkeit und Bezahlbarkeit. Die europäische Energiestrategie, die wir verfolgen, zieht natürlich die unterschiedlichen Potenziale unserer Mitgliedsstaaten in Betracht.
Sie waren nun eine Legislaturperiode lang EU-Kommissar für Energie. Wenn sie zurückblicken: Was war Ihr größter Erfolg, von dem speziell die junge Generation profitieren kann?
Wir haben erstmals die europäische Landkarte mit einem europäischen Energienetz und konkreten Projekten geplant: Dabei geht es zum Beispiel um grenzüberschreitende Strom- und Gasnetze, gemeinsame Gasspeicher und Terminals für Flüssiggas. Wir arbeiten an einem europäischen Energienetz, das in den nächsten Jahren verwirklicht werden soll, um hohe Qualität und ausreichend Kapazität bereitzustellen. Das Ziel ist es, dass für Energie hinsichtlich der Mobilität die gleichen Möglichkeiten entstehen sollen wie für Autos, Lastkraftwagen, Schiffe oder Schienenfahrzeuge.
Europa ist wichtig, Energiethemen sind wichtig – Sie besetzten quasi die Schaltstelle der Zukunft. Wem fühlen Sie sich mehr verpflichtet: Der Wirtschaft von Heute oder der Generation von Morgen?
Wenn man Generationengerechtigkeit ernst meint, dann sollte man nicht eine Generation gegen die andere ausspielen. Wir brauchen eine starke Wirtschaft und kluge Energiestrategien für die Gegenwart. Umgekehrt brauchen wir Investitionen in die Zukunft, damit für die nächsten Generationen keine Nachteile entstehen.
Welche Folgen hat es für Europa, wenn Russland der Ukraine den Gashahn zudreht?
Die Ukraine ist unser Partnerland. Wir werden alles tun, um sie bei der Sicherstellung ihrer Energieversorgung zu unterstützen. Überdies ist die Ukraine ein Transitland: 50 Prozent der Gaslieferungen aus Russland kommen durch die Ukraine zu uns. Ein anhaltender Stopp der Lieferungen von Russland an die Ukraine könnte auch für uns nachteilige Folgen haben. Wir sind bemüht, weiter zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Heute waren der ukrainische Energieminister und der Naftogaz-Chef bei mir in Brüssel, um ein nächstes Treffen zwischen Russland, der Ukraine und der Europäischen Union vorzubereiten.
geführt von Dorit Kristine Arndt