Eine klobalisierte Welt

„Laut geben für ein stilles Örtchen“  ein prägnantes Motto für eine NGO. Eine NGO, die sich für eine „klobaliserte“ Welt einsetzt. Toiletten retten Leben, das weiß die German Toilet Organization, kurz GTO. Ihr Ziel: eine weltweite Sanitärversorgung!

 Sabine Neumann (Assistenz der Geschäftsführung) und Svenja Ksoll (Projektkoordinatorin)
Sabine Neumann (Assistenz der Geschäftsführung) und Svenja Ksoll (Projektkoordinatorin), Fotos (3): Cora Gebel

Doch wie lässt sich das erreichen? „Vor allem durch Wissensmanagement“, erzählt Svenja Ksoll. Sie ist verantwortlich für die Projektkoordination und entwicklungspolitische Bildung der GTO. „Dazu zählt technisches Know-how, Hygienepromotion und Policyarbeit.“ Wichtig sei vor allem, das Wissen zu nachhaltigen Sanitärsystemen zu vermitteln. Was in unserer westlichen Welt als selbstverständlich angesehen wird, ist es  keineswegs. Sage und schreibe 40 Prozent der Menschheit leben ohne angemessene Sanitäranlagen. Dass diese wichtig sind für die Hygiene und damit die Entwicklung von Menschen, ist vielen gar nicht bewusst. Unzureichende Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung kann zu immer wiederkehrenden Durchfall führen und dieser zu einer Mangel- und Unterernährung. Im Umkehrschluss heißt das: durch Verbesserung der Sanitärversorgung können Nährstoffe besser aufgenommen werden und somit die Gesundheit gestärkt werden.

„Wir möchten das Thema positiv darstellen und den Menschen verdeutlichen, dass Toiletten Leben retten können“, so Ksoll. Das geschehe durch Schulungen und Seminare. Auf dem Programm stehen beispielsweise Besuche bei Schulen in Subsahara-Afrika, die keine Schultoilette besitzen. Denn: jährlich gehen 450 Millionen Schultage durch wasserbedingte Krankheiten verloren. Vor allem Mädchen sind von unzureichenden sanitären Anlagen betroffen. Eine Studie in Bangladesch hat gezeigt, dass nach der Einführung von Schultoiletten für Schüler*innen 11% mehr Mädchen im Menstruationsalter weiterhin die Schule besuchen. Aus Scham nämlich nehmen viele Schülerinnen nicht mehr am Unterricht teil. Zugang zur Toilette bedeutet also auch Würde.

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Fäkalien und Urin sind eine Ressource – nämlich als Dünger.

Zugang zu sauberen Toiletten für alle Menschen

Gegründet wurde die German Toilet Organization 2005 in Berlin. Mit einer Wanderausstellung namens „Sanitation is Dignity, Toilette bedeutet Würde“ ist die GTO seitdem regelmäßig im In- und Ausland präsent. Um das Thema prominenter zu machen, arbeitet die GTO auch mit dem Auswärtigen Amt  zusammen. Innerhalb dieser Kooperation wurden bereits Workshops in Bangkok und Kampala durchgeführt. „Es gilt, Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe zusammenzubringen“, bekräftigt Ksoll.  Auch andere Partnerorganisationen helfen beim Wissensaustausch und der gemeinsamen Interessenvertretung. So etwa Engagement Global gGmbH – Service für Entwicklungsinitiativen oder die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit Berlin (LEZ). Gemeinsam sollen so Projekte auf den Philippinen, auf Sri Lanka oder in Indien verwirklicht werden. Diese Regionen sind nur ein paar Beispiele für Orte, wo akuter Mangel am Zugang zu nachhaltigen Sanitäranlagen besteht. In Indien ist es die Trockenheit, welche wassersparende Einrichtungen notwendig macht. Auf Sri Lanka war es die Tsunami-Katastrophe, welche das gesamte dortige Abwassersystem zerstört hat. Und auf den Philippinen sind Sanitärsysteme einfach unerschwinglich –  jeder zweite Haushalt in Lumbia hat keinen Zugang zu adäquaten und hygienischen sanitären Anlagen.

Ein Blick über den eigenen Toilettenschüsselrand

Doch sanitäre Grundversorgung ist die beste Präventivmedizin. Cholera, Typhus und Wurminfektionen können durch Toiletten, Händewaschen und dem fachgerechten Umgang mit menschlichen Ausscheidungen verhindert werden. Sanitäre Anlagen fordern außerdem gesellschaftliche Entwicklung und damit Wohlstand. Tatsächlich ist es so, dass der Zugang zu Toiletten Zeit spart. Diese geht durch die Suche nach einem abgelegenen Versteck verloren. Das führt zu kürzeren Arbeitszeiten. Das Wirtschaftspotential erhöht sich, wenn diese Zeit stattdessen in der Schule verbracht wird. Auch kann es durch die Nutzung von menschlichen Ausscheidungen als Rohstoff erhöht werden –  Fäkalien sind ein ausgezeichnetes Düngemittel.

Es gibt also viele Gründe, sich für das Toilettenthema stark zu machen und sich gegen das eher „schmutzige“ Image der Toilette einzusetzen. Übrigens: am 19. November ist Welttoilettentag. Ganz nach dem Motto „Laut geben für ein stilles Örtchen“. Und für eine klobalisierte Welt.

 

2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Das stimmt mich echt traurig den Artikel zu lesen! Das ist wirklich ein Thema worüber keiner nachdenkt. Schade das so viel Geld in nutzlose Dinge investiert wird und nicht in wichtige dinge wie die Hygiene. Aber es gibt noch viel mehr Leute die nichts zu essen haben und das ist in meinen Augen noch wichtiger.

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  • Ich kenne die GTO nun schon eine ganze Weile und finde es toll was diese an Aufklärungsarbeit in Schulen, etc. leisten. Klar steht das Hungerproblem in Drittweltländern im Vordergrund, aber direkt danach kommt die Notwendigkeit von Sauberkeit. Man weiß dies wenn man etwa eine Bergtour in höchsten Höhen macht und ein paar Tage nicht duschen kann. Dann kann man nur erahnen wie unangenehm dies gerade für Frauen sein muss, wenn die Rahmenbedingungen für ausreichend Hygiene nicht gegeben sind.

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