Nachhaltige Nutzung statt Konsum-Kick

Welche Folgen hat unsere Gier nach den neusten Handy-Trends? Und wie können wir Handys fairer nutzen? Antworten auf beide Fragen hat Marlene Jacobsen bei einem konsumkritischen Stadtrundgang mit Evren Sinar gefunden.

Reparieren statt wegwerfen: „ReparierBar“ macht es vor. / Foto: Simon Möschle

 

Ein afrikanisches Kind auf einem Schrotthaufen, schuftende Minenarbeiter – und die Werbung für das neueste Handy von Vodafone. Diese Fotos betrachten wir – das sind um die zehn Menschen, die sich für das Thema Nachhaltigkeit interessieren – im Zentrum von Bonn. Wir nehmen an einem „konsumkritischen Stadtrundgang“ teil, der uns lehren soll, wie wir verantwortungsvoller mit unseren Handys umgehen können. Organisiert wird das Ganze von Evren Sinar, die für die Initiative „Greenwalker“ öfter Leute durch Bonn führt.

Die Bilder, die sie uns zeigt, haben vor allem eine Wirkung: Wir fühlen uns ein bisschen schuldig. Eigentlich ist uns längst bewusst, dass die Herstellung unserer Elektrogeräte auf Kosten der Umwelt und dem Wohlergehen von Menschen aus anderen Ländern geht – so sichtbar wie auf dem Stadtrundgang bekommen wir das trotzdem selten vor Augen geführt.

Nachhaltigkeit ist kaum gefragt

Evren Sinar erklärt, dass unsere Handys Rohstoffe wie Coltan, Eisenerz und Kupfer enthalten. Abgebaut werden diese unter anderem im Kongo, wo schon lange ein blutiger Bürgerkrieg herrscht. Viele Minen befinden sich in der Hand von Milizen, die durch den Verkauf der Rohstoffe Waffen finanzieren. Das heißt: Kaufen wir uns in Deutschland das neueste Smartphone, schüren wir damit die Konflikte in rohstofffördernden Ländern.

Und unser Konsum ist gewaltig: Allein 2017 sind weltweit mehr als 1,4 Milliarden Smartphones verkauft worden, einige davon sicher auch in der Telekom-Filiale in der Bonner Innenstadt, an der wir als nächstes Halt machen. Ein Mitarbeiter weist uns darauf hin, dass das Ladenangebot keine nachhaltig produzierten Geräte umfasst. Nur sehr selten komme es vor, dass jemand nach fairen Smartphones frage.

Trotzdem gibt es bei der Telekom zumindest eine Möglichkeit, den Konsum fairer zu gestalten. So können Kunden so genannte „refurbished“ Handys kaufen, die nur kurz benutzt und dann umgetauscht worden sind. Normalerweise, erzählt uns der Verkäufer, gehen solche Geräte nicht mehr in den Handel. Das läge auch an den Kunden, die meist die neusten Produkte haben wollen.

Handys werden in Schubladen gehortet

Viele Menschen kaufen ständig neue und entsorgen alte Handys, obwohl diese teilweise noch völlig in Ordnung sind. In deutschen Schubladen liegen etwa 80 Millionen aussortierte – größtenteils noch funktionsfähige – Mobiltelefone.

Stadtführerin Sinar will von uns wissen, wie viele Handys wir bisher gehabt haben und wie viele von denen bei uns zu Hause herumliegen. Beides sollen wir auf einem Plakat angeben. Manch ein Teilnehmender kommt mit dem Zählen seiner Mobiltelefone gar nicht mehr hinterher. Ist das nicht ein alarmierendes Zeichen dafür, dass wir dringend etwas an unserem Konsumverhalten ändern sollten? Mit jedem Handy, das wir nicht brauchen, verschwendeten wir Rohstoffe: Denn von insgesamt 60 Materialen, die in einem Gerät stecken, können wir nur 17 wiederverwerten.

Geht es auch anders?

Doch nicht alle Handys müssen wir verschwenden. Recyclingunternehmen wie „teqcycle“ bieten Möglichkeiten, alte Geräte wiederzuverwerten. Die Firma richtet Sammelstellen für alte Handys ein, die weiter vermarktet oder recyclet werden.

Wer lieber direkt nachhaltig konsumieren möchte, kann sich auch ein „fairphone“ zulegen. Die Rohstoffe des „grünen Geräts“ kommen aus geprüften Minen und werden unter sicheren Bedingungen verarbeitet. Seit 2013 sind bereits über hunderttausend „fairphones“ verkauft worden.

Wahrscheinlich haben Kunden, die sich vor fünf Jahren ein „grünes Handy“ zugelegt haben, auch heute noch etwas von ihm – „fairphones“ sind ausgesprochen langlebig. Darüber hinaus lassen sie sich leicht reparieren. Bei vielen anderen Handymarken ist das hingegen schwer. Das liegt daran, dass Handy-Hersteller von einem Neukauf mehr als von einer Reparatur profitieren.

Den Inhaberinnen und Inhabern der „ReparierBar“ passt diese kapitalistische Denkweise gar nicht. Einmal im Monat veranstalten sie in dem Geschäft in der Bonner Altstadt „reparicafés“. Dabei werden nicht nur Handys, sondern Elektrogeräte aller Art wieder auf Vordermann gebracht. So lassen sich auch herkömmliche Mobiltelefone meist noch jahrelang nutzen.

Sollte das Handy dann doch irgendwann den Geist aufgeben, sollte die Devise „Recycling“ lauten. Jeder könne sich nach Handy-Sammelstellen in der Nähe erkundigen, sagt „Greenwalkerin“ Sinar. Ein guter Tipp: Gehen wir in Zukunft nachhaltiger mit unseren Elektrogeräten um, brauchen wir auch nicht mehr so ein schlechtes Gewissen haben.

 

 

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