Junge Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten schlagen Brücken zwischen Polen und Deutschland

Ania und Paulina am arbeiten an einem Tisch im Freien.
Im Herzen Freunde, im Handwerk vereint: Ania und Paulina bringen Gedanken aus zwei Köpfen auf einen Artikel. Foto: Jugendpresse Deutschland / Leonard Palm

Diesen Artikel gibt es auch auf Polnisch.

Frauenproteste in Polen, demokratische Schulen in Deutschland und die Situation der Medien in beiden Ländern sind Themen, mit denen sich junge Medienmachende von beiden Seiten der Neiße vom 20. bis zum 25. August in Görlitz befassen. Als Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars der Jugendpresse führen sie Interviews, gehen zu Diskussionsrunden und lernen in Vorträgen über die politischen Situationen in Deutschland und in Polen. Wichtigster Teil der Arbeit sind jedoch die Artikel, die sich rund um das Thema „Demokratie im Wandel“ drehen. Das „Tridem“ Ania, Carolin und Paulina schaut sich die Arbeit an den Artikeln näher an.

Eigentlich sollten die Bewohnerinnen und Bewohner der Jugendherberge in Görlitz bei so prächtigem Wetter in der malerischen Altstadt der sächsischen Stadt unterwegs sein: die prächtigen Häuser entlang schlendern, durch den Flüsterbogen geheime Botschaften austauschen oder einen saftigen Schokoladenkuchen in einem der einladenden Cafés genießen. Doch stattdessen tippen Finger über Tastaturen, Wörterbücher werden durchgeblättert und ein Mix aus Polnisch, Deutsch und Englisch weht durch die Jugendherberge. Hier haben sich junge Nachwuchsjournalistinnen und –journalisten von beiden Seiten der Neiße für sechs Tage zusammengefunden, um sich mit dem Themenkomplex der Demokratie im Wandel zu befassen.

Quer über das Gelände der Jugendherberge verstreut arbeiten sie an ihren Beiträgen. Auf dem sonnigen Balkon sitzt Lisa und bereitet sich mit einer umfassenden Internetrecherche auf ihr Interview am Nachmittag vor. Nicht weit von ihr sitzt tief in ihre Arbeit versunken Amira, die sich an die Übersetzung einer polnischen Oppositionszeitschrift gemacht hat. Am Vortag nahm die gesamte Gruppe an einem Ausflug nach Breslau teil und traf sich dort unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern von polnischen Bürgerrechtsbewegungen, die über ihre Arbeit berichteten. Nun muss das Material gesichtet werden. Im Garten der Jugendherberge sitzen Ania und Paulina, die die Ergebnisse ihrer bereits geführten Interviews festhalten. Im Hintergrund hört man das fröhliche Geklapper von Besteck aus der angrenzenden Küche der Jugendherberge, die sich mit Radiomusik vermischt und die beiden Redakteurinnen die Zeit vergessen lässt. Tomek und Manuel besprechen in einer ruhigen Ecke die Idee ihres Artikels mit Jolanta, der Journalistin aus Warschau, die die journalistische Arbeit von polnischer Seite aus betreut. Ihre deutsche Kollegin Nuray hat sich zurückgezogen, sichtet und trifft eine Auswahl der Fotos für die Artikel der letzten Tage.

Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben das Gelände verlassen, um direkt auf den malerischen Straßen der Grenzstädte Görlitz und Zgorzelec junge Menschen über Demokratie in Schulen zu befragen. Lea und Katrin sind direkt nach Großhennersdorf gefahren, um die Arbeit und Geschichte der dort ansässigen Umweltbibliothek aus nächster Nähe zu erkunden. Fotograf Leonard versucht das scheinbar Unmögliche und ist an mehreren Orten gleichzeitig, um alles gekonnt einzufangen und festzuhalten.

Die Idee, ein solches deutsch-polnisches Journalismusseminar zu organisieren hatte Sofia, die im Rahmen ihres Freiwilligendienstes in Polen (Paritätische Freiwilligendienste Sachsen, gemeinsam mit der polnischen Organisation Tratwa), ein internationales Projekt auf die Beine stellen wollte. Durch ihre Teilnahme an Veranstaltungen der Jugendpresse in Hamburg kannte sie die Organisation schon gut und kontaktierte die Jugendpresse, die sich bereitwillig auf diese deutsch-polnische Begegnung einließ. Gemeinsam mit GFPS Polska (Gemeinschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa) stellten sie den Workshop für elf Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Beine. Sie besuchen Workshops und Vorträge auf beiden Muttersprachen und können sich dabei immer auf die zuverlässige Übersetzungsarbeit von Angelika und David verlassen. begründet seinen Enthusiasmus für das Seminar damit, „dass es in schwierigen Zeiten umso wichtiger ist, dass besonders junge Menschen ihre Stimme zu schwierigen Themen erheben, ihre Meinungen und Vorschläge vorbringen.”

Doch was bewegt junge Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten dazu, nach Görlitz zu reisen und an „Demokratie im Wandel“ teilzunehmen?

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland kann man grob in zwei Kategorien einteilen: Zum einen sind da die Wiederholungstäter, die schon früher und auch länger, zum Beispiel als Freiwillige, Zeit in Polen verbracht haben. Zum anderen sind da die Abenteuerlustigen, die Polen für sich entdecken wollen. Gemein ist allen, dass sie mehr über das journalistische Handwerk lernen und eigene Artikel schreiben möchten.

Viele der polnischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer können in der Teilnahme am Projekt mehrere Leidenschaften miteinander verbinden: Journalismus, Politik und die deutsche Sprache. Für manche sind alles drei entscheidende Faktoren.

Warum interessieren sich die Teilnehmenden für das jeweilige Nachbarland?

Auch das Interesse an Polen speist sich aus unterschiedlichen Quellen. Während die einen durch familiäre und freundschaftliche Bande und Auslandsaufenthalte eng mit Polen verbunden sind, locken die anderen die aktuelle politische Situation und die Berichte in den deutschen Medien darüber zum Seminar. Sie wollen die aktuellen Entwicklungen in ihrer Tiefe verstehen, aber auch direkt die polnische Sichtweise darauf kennenlernen.

Es gibt viele Gründe, weshalb sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Polen für Deutschland interessieren. Einige hat das Interesse an deutschen Traditionen und der deutschen Sprache nach Görlitz gelockt, andere sind seit ihrer Kindheit eng mit Deutschland verbunden, da sie aus Grenzregionen stammen. Oder, wie es Tomek zusammenfasst: “Ich interessiere mich für alles”.

Was muss für die deutsch-polnisches Beziehungen getan werden, um sie in Zukunft zu verbessern?

Sowohl die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Polen als auch die aus Deutschland wünschen sich intensivere und häufigere Jugendbegegnungen, nicht nur in den Grenzregionen, sondern beide Länder umfassend. Eine weitere Möglichkeit, um das Verständnis zwischen beiden Ländern zu stärken, wird in kostengünstigen Reiseprogrammen und Zugtickets gesehen. Außerdem wurde hervorgehoben, dass das gemeinsame Gespräch und das gegenseitige Zuhören wichtige Pfeiler für stabile Beziehungen sind. Oberstes Ziel muss sein, wie es die Studentin Sabine ausdrückt, Rahmen zu schaffen, in denen “nicht über- und voneinander, sondern miteinander gesprochen wird”.

Was hat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am meisten an Polen überrascht?

Von deutscher Seite scheint ein Wort ganz klar zu dominieren: Offenheit. Hochgelobt wird auch die Gastfreundschaft und Spontanität der Polen. Nicht zuletzt schätzen die Deutschen in der Gruppe Polen als vielseitiges und abwechslungsreiches Reiseland, das für jeden Geschmack etwas zu bieten hat.

Fast allen Polinnen und Polen fällt auf, mit wie viel Sorgfalt dem gemeinsamen Raum begegnet wird. Ein weiterer auffälliger Aspekt liegt im unterschiedlichen Umgang mit Spontanität. Magda zufolge sind „die deutsche und die polnische Spontanität komplett unterschiedlich”

Diesen Artikel gibt es auch auf Polnisch.

Collage aus den Logos der Förderer: Axel Springer Stiftung, deutsch polnisches Jugendwerk, Stiftung für deutsch polnische Zusammenarbeit, Think Big und Erasmus + sowie dem Schriftzug "This Project was supported by"

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